Carries komische Werkstatt
  Der dunkle Wald 3
 


Ich verschränkte die Arme vor der Brust, und ohne mir etwas anmerken zu lassen, fixierte ich den größeren Jungen. „Und was bist du?“ fragte ich spitz und sah ihn neugierig an. Der Jüngling blinzelte verwirrt. „Was gibt es denn da zu fragen?“ Alin seufzte, dann blickte er sich um und warf Bogdana einen ernsten Blick zu. „Ich bin ein Mensch, genau wie du!  Das sollte eigentlich nicht schwer zu erkennen sein, oder sehe ich so grauenerregend aus?“ Als er dies sagte, ruhte sein Blick unweigerlich auf mir. Verunsichert und auch leicht beschämt, wandte ich meinen Kopf ab, um meinem Gegenüber nicht weiter in die Augen blicken zu müssen und ihm den, auf die meinen verwehren zu können. Schon früher hatte ich es nicht fertig gebracht, den forschenden und durchdringenden Blicken anderer standzuhalten - doch jetzt schien es um einiges schlimmer geworden zu sein!  Sein neugieriges Mustern, war unangenehm und machte mich nervös.
Bogdana wandte uns den Rücken zu und ging einige Schritte davon. „Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn ihr mir noch ein wenig Gesellschaft leisten würdet. Außerdem denke ich, dass es einiges zwischen euch zu klären gibt, oder etwa nicht?“ Ich nickte stumm als Antwort auf die Worte von Bogdana und verschränkte die Arme hinter meinem Rücken. Die Lippen des Wesens formten sich zu einem glücklichen und auch beeindruckenden Lächeln. „Folgt mir!“
Wir drangen tiefer in die Höhle vor und nach kurzer Zeit, fanden wir uns in der Mitte eines kuppelförmigen Raumes mit einer kleinen Öffnung in der Decke wieder. Zu meiner Rechten und zu meiner Linken, war der Weg durch Felswände versperrt und der Boden war mit einer dicken Schicht Moos bedeckt. In einer der Ecken, befand sich ein kleiner Tümpel, dessen Wasser sich an den Wänden spiegelte. An einigen Stellen waren die hohen Steinwände in ein intensives aquamarines Licht getaucht, und die reflektierungen sahen einfach atemberaubend aus. Gleich neben dem schimmernden Wasser, hatte Bogdana ein kleines Feuer gemacht, da es hier unten sehr kühl und keine Schwüle zu spüren war. Der schwarze stinkende Qualm stieg mir in die Nase und die dünnen Schwaden schwebten vorsichtig durch den gesamten Raum, schienen alles und jeden mit dem furchtbaren Geruch zu benetzten. „Da wären wir.“, sprach die Fee leise und lächelte dabei etwas. „Ich hoffe, es macht euch nichts aus, dass ihr auf dem Boden sitzen müsst?" Bogdana ließ sich langsam zu Boden sinken, dann schloss sie für einen kurzen Augenblick die Augen. Alin und ich waren ihr in einem kurzem Abstand gefolgt und hatten uns ebenfalls auf den Boden gesetzt. Ich seufzte leise und wandte meinen Blick dann Alin zu.
„Hm, wo soll ich anfangen?“ fragte ich leise, mehr an mich selbst gerichtet. „Wie wäre es, wenn du am Anfang anfängst? Wer bist du, und was machst du hier?“ Ein amüsiertes Funkeln tanzte in seinen Augen, doch sein Gesicht blieb ausdruckslos, während er mich kurz ansah. „Nun gut, mein Name ist Stela Bäsescu und ich wurde vor genau achtzehn Jahren in einem kleinen Dorf namens Mîndra geboren. Als ich drei Jahre alt war, zog meine Familie nach Târgoviste, eine nicht sonderlich große Stadt.“ „Oh, ich würde auch gerne in einer Menschenstadt wohnen. Dort trifft man so viele nette Leute, einfach aufregend!  Ich würde gerne mehr über dich erfahren. Hast du Geschwister oder Haustiere? Was sind deine Hobbys?“ fragte Bogdana neugierig. Verwirrt schaute ich die blau gekleidete Fee an. Ich musste mir eingestehen, dass sie unglaublich seltsam war!  „Das ist unwichtig!“, rief Alin und sah Bogdana verärgert an. „Und was machst du hier? Ein so junges Mädchen verirrt sich nur selten hierher, meist landen nur ahnungslose Händler in dieser gefährlichen Welt.“ wollte der Schwarzhaarige schließlich wissen. Ich schloss kurz die Augen, dann sprach ich weiter. „Unsere Stadt wurde gestern Abend von unzähligen Vampiren und Skeletten angegriffen und..“ Alin fiel mir ins Wort. „Was, ihr Städtler ebenfalls? Das Dorf Satu Mare wurde vorgestern auch in Schutt und Asche gelegt!  Es gab kaum überlebende.“ „Spreche ruhig weiter Stela.“ sagte Bogdana sanft und sah mich mitleidig an. Den Boden fixierend, fuhr ich fort und gespannt lauschten meine neuen Freunde meinen Worten. „Es war einfach schrecklich!  Sehr viele Menschen sind ihnen zum Opfer gefallen, darunter auch meine Mutter, mein Bruder und meine kleine Schwester. Doch mein Vater ist noch am leben, aber er wurde von einem der Vampire gebissen und ich bin nun auf der Suche nach einem roten Heilkristall, der in Draculas Schloss zu finden ist. Mit dem kann ich meinen Vater retten!  Doch ein Mann, der sich gut mit Vampiren auskennt sagte mir, dass wenn ich Dracula töte, nicht nur der Fluch von meinem Vater ist, sondern auch von all den anderen Menschen. Ich bin so verzweifelt, ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich bin hin und her gerissen!  Es wäre schön, wenn ich allen helfen könnte, aber mir fehlt der Mut. Wenn ich ihm wenigstens nicht allein gegenüber treten müsste!“ „Nicht jeder Mensch überlebt einen Vampirbiss. Die meisten sterben bereits wenige Tage danach an einer Infektion, die sich mit normalen Heilmitteln nicht besiegen lässt!  Du befindest dich wirklich in einer misslichen Lage und ich wöllte nicht mit dir tauschen.“ sagte die Fee und nickte dabei leicht.
Schweigend hatte Alin meiner Geschichte zugehört. „Dieser Mann, der dir diesen Floh ins Ohr gesetzt hat, scheint ein ziemlicher Dummkopf zu sein!  Was dachte er sich bloß dabei, als er dir dies sagte? Du bist ein ganz normales Mädchen, wie sollst du denn bitte mit ihm fertig werden, wenn sogar schon die stärksten Krieger an ihm scheiterten?“ meinte Alin und seufzte. „Ich schlage vor, dass du umkehrst und dir irgendwo ein sicheres Plätzchen suchst!  Es ist zwar schade um deinen Vater, aber gegen Dracula hättest du nicht den Hauch einer Chance!  Sei vernünftig und gehe nach Hause!“ „Aber ich bin doch gar kein normales Mädchen!  Ich habe die gleichen Kräfte wie du!  Und außerdem, ich habe kein zu Hause mehr. Diese fiesen Gestalten haben wohl die ganze Stadt niedergebrannt.“ rief ich laut. Als ich ihm dies sagte, hob Alin erstaunt eine Augenbraue. „Was meinst du? Ich habe keine Ahnung, wovon du da redest. Ich bin ein ganz gewöhnlicher Junge!“ Bei diesen Worten blickte er direkt in meine Augen, sodass ich das Gefühl bekam, er wöllte mich mit seinem ernsten Blick hypnotisieren. Er spielte den Unwissenden. Scheinbar wollte er nicht, dass jemand von seiner Macht erfuhr, doch ich hatte alles mit meinen eigenen Augen sehen können – er beherrschte Magie.
Ein leichtes Lächeln streifte meine Lippen und ich strich mir sanft durch das weiche Haar. „Hör bitte auf den Unwissenden vorzugaukeln!  Ich habe vorhin gesehen, wie du diese Vampire mit Feuerbällen getötet hast. Du besitzt magische Kräfte, doch nicht nur du...“ Ich streifte Alin mit einem prüfenden Blick. „Ich kann ebenfalls, nur durch meine pure Gedankenkraft, Angriffszauber erzeugen und sie als Waffe benutzen. Unter anderem beherrsche ich auch ein wenig Telekinese. Das heißt, dass ich Dinge durch reine geistige Kraft bewegen kann. Aber damit klappt es noch nicht so gut. Ich muss noch etwas üben!“
Er verengte seine Augen zu Schlitzen und sah dann auf den Boden hinab. Ein sonderbarer Ausdruck war in seinem Gesicht zu erkennen, als er ein Stück Holz in das Feuer warf.
„Ich hatte gehofft, dass es nie jemand heraus bekommt, es sollte mein kleines Geheimnis bleiben. Aber es ist wohl Schicksal, dass ich dir begegnet bin. Und ich dachte immer, ich sei der einzigste Schwarzmagier auf der Welt. Da habe ich mich geirrt...“ Seine Stimme klang leise und wurde fast von den Qualmschwaden davongetragen. „Gut Stela, da du ja schon erzählt hast, was du hier machst, bin ich jetzt wohl an der Reihe!“ Er machte eine ausladende Bewegung mit der Hand und hielt für einen kurzen Augenblick inne. Alin schien über irgendetwas nachzudenken, melancholisch zu werden - ja, nahezu zu trauern. „Also, wie ich eben schon erwähnt hatte, wurde das Dorf Satu Mare vor zwei Tagen ebenfalls dem Erdboden gleich gemacht. Meine Familie kam bei diesem Überfall auch ums Leben, doch bevor meine Mutter ihren Verletzungen erlag, hatte ich ihr geschworen sie alle zu rächen. Ich mache es kurz und knapp, ich bin hier, um Dracula zu töten!  Er wird es noch bitter bereuen, dass er mir alles genommen hat...“
Für einen Moment hob ich den Kopf und schaute Bogdana an. Sie kämpfte ihre Tränen zurück, die hervorbrechen wollten, und hin und wieder musste sie sich über die Augen wischen, um ihr Sichtfeld zu klären. „Das ist alles so furchtbar!  Aus diesem Grund hasse und verabscheue ich die Vampire so sehr!  Immer müssen sie Morden und anderen Leiden zufügen.“ murmelte sie leise vor sich hin und schluchzte.
Langsam erhob sich Alin und ging ein paar Schritte durch den Raum. „Wenn das so ist, dann ist das alles natürlich etwas anderes. Dann haben wir also den gleichen Weg, Stela.“ Er blickte sich über die Schulter und sah mich an. „Ich werde mit dir gehen, wenn du es mir erlaubst...“ Mit einem leichten Lächeln nickte ich. „Ich wäre sehr froh über deine Hilfe und deine Anwesenheit.“ sagte ich und mein Herz machte einen Freudensprung, denn wenn er mit mir gehen würde, wäre ich nicht mehr so allein. Der Schwarzhaarige nickte. „Ich werde dir helfen und du mir. Nur ich weiß nicht, ob ich dir eine große Hilfe sein werde. Aber zusammen sollten wir ein gutes Team abgeben.“ Ich stand auf und ging mit etwas wackeligen Schritten in die Richtung von Alin. „Das denke ich auch. Aber kennst du denn den Weg zu dem Schloss?“ wollte ich von ihm wissen und sah ihn fragend an. „Natürlich kenne ich den Weg, sonst würde ich erst gar nicht dorthin gehen. Kennst du ihn etwa nicht?“ Ich schaute zu Boden und strich mir verlegen durch das Haar. „Nun um ehrlich zu sein, ich bin das erste Mal hier und habe leider meine Landkarte verloren!“ Der Junge seufzte. „Dass fängt ja schon gut an mit dir. Aber es reicht ja auch wenn ich weiß, wo es lang geht.“ Für einige Zeit herrschte Stille, bis Alin sich schließlich Bogdana zu wandte. „Es wird sicher bald dunkel, oder?“ Die Fee ließ ihren Blick über das Wasser gleiten. „Der Schimmer des Wassers lässt nach!  Ich denke, dass in ein oder zwei Stunden die Sonne untergehen wird.“ „Dann schlage ich vor, dass wir beide für diese Nacht hier bleiben, natürlich nur wenn du damit einverstanden bist Bogdana“ Aus dem Augenwinkel schaute das Wesen zu mir. „Natürlich bin ich damit einverstanden!  Nur leider kann ich euch keine weichen Betten bieten...“ „Das ist nicht schlimm!  Wir werden schon einen gemütlichen Platz zum Schlafen finden.“ Ich nickte zustimmend und schaute mich kurz um. In der Menschenwelt war erst vor wenigen Stunden die Sonne aufgegangen und hier ging sie schon wieder unter. Es war seltsam, aber ich musste mich damit zurecht finden. Ich war hier nun mal nicht mehr in der Welt, wie ich sie kannte.
„Du siehst blass aus, ist alles in Ordnung mit dir?“ fragte die weiße Fee mich besorgt und musterte mich mit einem seltsamen Blick. Hastig nickte ich - eine Spur zu hastig, um wirklich glaubwürdig auszusehen. Meine überhastete Antwort ließ mich auch nicht glaubwürdiger wirken, ganz im Gegenteil. Eigentlich hatte ich ziemlich großen Hunger und war fürchterlich müde, doch ich wollte den Beiden nicht zur Last fallen. „Alles bestens. Was sollte denn sein?“ Doch plötzlich war ein lautes knurren, das von meinem Magen kam, zuhören. Ich errötete leicht und strich mir eine Strähne meines pechschwarzen Haares hinter die Schulter und bemerkte gleichzeitig, dass meine Haare gar nicht zusammengebunden waren, wie sonst auch immer. „Ich muss gestern Abend vergessen haben, mir die Haare zusammen zu binden. Und war ich denn die ganze Zeit über so prikär und auf den Schwarzhaarigen konzentriert, dass es mir nicht aufgefallen war?“ fragte ich mich und setzte mich langsam wieder ans Feuer. „Und das sollen wir dir jetzt glauben?“ fragte Alin leicht amüsiert. Der Junge lachte bitter auf. „Mit dir an meiner Seite wird es sicherlich nicht leicht werden, das Schloss zu erreichen und langweilig wird es sicher auch nicht werden.“ Ich lächelte etwas verlegen und blickte in das Feuer, das vor mir auf und ab tanzte. „Um ehrlich zu sein, habe ich etwas Hunger und bin müde.“ gab ich schließlich zu und seufzte. „Ich bin gleich wieder da!“ rief Bogdana und hüpfte mit diesen Worten davon. Alin zuckte leicht mit den Schultern und pflückte sich einen Grashalm, die hier in der Höhle nur vereinzelt anzutreffen waren. Dann setzte er sich zu mir ans Feuer und zwirbelte ihn mit seinen Fingern. Nach einigen Momenten des Schweigends, fragte der Jüngling schließlich: „Und du bist dir sicher, dass du den Weg überstehst?“ „Ich weiß es nicht!  Ich bin nicht besonders kräftig, und auch nicht äußerst athletisch und mutig...“, //...im Gegensatz zu dir.// fügte ich in Gedanken hinzu. Er sah mir in die Augen und seufzte. „Zusammen werden wir das schon irgendwie schaffen. Und du musst nur an dich glauben, dann kannst du alles erreichen!“

Nach einiger Zeit kam Bogdana mit zwei riesigen Holzkrügen und mit einer riesigen Schale voller Beeren zurück. Sie tauchte die Krüge in das klare Wasser und stellte sie dann vor uns ab. „Ich kann euch leider nur ein wenig Wasser und ein paar leckere Beeren anbieten. Aber ihr werdet schon sehen, diese Beeren machen wirklich satt!  Bedient euch.“ Langsam, fast zögerlich, griff ich in die Schale und nahm mir einige von den kleinen, süßen Beeren heraus. Und es stimmte, was Bogdana sagte!  Denn schon nach wenigen Minuten war mein Hunger gestillt und auch Alin hatte nicht viel von ihnen gegessen. „Was sind das für Beeren?“, fragte ich, während mein Blick noch immer an der braunen Schale hing. „Solche Früchte habe ich noch nie gegessen!“ „Das sind Ostarabeeren. Sie schmecken sehr gut und machen schnell satt. Außerdem sorgen sie dafür, dass man einen erholsamen Schlaf hat, denn sie machen wahnsinnig müde.“
Mein Blick wanderte zu Bogdana, dann zu Alin. „Ich hoffe ihr habt nichts dagegen, wenn ich mich jetzt schon Schlafen lege?“ Gleichzeitig schüttelten sie den Kopf. „Lege dich am besten auf den Baumstamm dort hinten, der ist am bequemsten.“ meinte die Fee und lächelte. Ich nickte. „Gute Nacht ihr beiden.“
Ich legte mich hin und wälzte mich hin und her, bis ich nach einiger Zeit endlich eine bequeme Schlafposition gefunden hatte. Es dauerte nicht lange, bis ich mich im Tiefschlaf befand und alles was um mich herum geschah, nicht mehr wahrnahm.


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