Kapitel 3 - Die Schlossmauer
"Mist! Der Feuer- und Energieball würde sein Ziel zwar nicht verfehlen, doch was sollte ich damit schon für einen Schaden anrichten, wenn meine Gegner selbst aus reinen Flammen bestehen?" fragte ich mich und sah zu der Stelle, an dem vor wenigen Augenblicken noch der Werwolf gestanden hatte. "Wie kann ich sie nur besiegen?" Hastig schaute ich mich um, da meine Gegner sich schon für den nächsten Angriff bereit machten. "Mit Wasser!" murmelte ich mit leiser Stimme, während ich in den Abendhimmel starrte, und mir einige Regentropfen auf das Gesicht prasselten. Nach wenigen Augenblicken, beäugte ich wieder die Feuergeister, die mir gegenüber standen. Die runden Wassertropfen, die auf ihren heißen Körpern aufprallten, verdampften sofort. "Doch ich brauche bestimmt eine große Menge Wasser, um die beiden Kreaturen vernichten zu können.. Aber woher bekomme ich..." Mit einem quietschig klingenden Aufschrei, warfen sie nun erneut zwei Feuerbälle in meine Richtung. Rasch sprang ich zur Seite, doch einer der Feuergeister reagierte blitzschnell und spukte einen Feuerstrahl, der mein rechtes Bein erwischte. Ein schmerzerfüllter Schrei schnitt durch die Luft, der sich schnell in ein Kreischen verwandelte. Reglos, abgesehen von dem leichten Zittern, lag ich am Boden. Ich atmete die eisige Luft tief ein und es tat irgendwie gut. Die Stille - die leider nur für kurze Zeit anhielt. Mit einem leisen Wimmern, versuchte ich aufzustehen und weg zulaufen, als eine der schauderhaften Kreaturen auf mich zugestürmt kam. Aber es gelang mir einfach nicht. Doch plötzlich war ein Plätschern zu hören. Die rot glühenden Gestalten sahen sich unsicher um. "Wo kommt bloß dieses Geräusch her?" fragte ich mich leise, während ich weiter über den Boden kroch. Das seltsame Plätschern verwandelte sich schon bald in ein lautes Rauschen, und die Umgebung begann in einem aquamarin zu schimmern. "Diese Farbe! Sie kommt mir so bekannt vor." Sanft legte ich meine Hand auf das verletzte Bein, und blickte mir über die Schulter. Meine Augen weiteten sich, als ich weit oben in der Baumkrone eines fast schon ganz kahlen Baumes, Bogdana die Fee stehen sah. "He ihr Feuerfeger aus der Hölle! Ich bin hier oben!" schrie sie laut, und ihr dunkelblaues Kleid wehte im Wind. "Ihr habt es gewagt, einer meiner Freunde zu verletzten... Dafür werde ich euch zurück in die Verdammnis schicken!"
Die beiden Geister lachten laut auf. "Euch wird das Lachen schon noch vergehen. Das verspreche ich euch." murmelte Bogdana. Nun warfen sich die beiden Gestalten fragende Blicke zu. Mit einem kurzen Blick musterte ich Bogdana's Gesicht genau. Ein feines, leicht finsteres Lächeln umspielte ihre Lippen. "Du hast ein ziemlich großes Mundwerk." rief der eine Feuergeist der mich mit seinem Strahl verletzt hatte. "Du solltest dich lieber wieder in deine Höhle zurückziehen, bevor es dir genauso ergeht, wie deiner kleinen Freundin da." sagte der andere gleich darauf. "Außerdem, wie solltest du uns zurück in die Verdammnis schicken? Du bist einfach nur eine kleine schwache Fee!" sagte nun der andere. Bogdana sprang von dem kahlen Baum herunter, und stellte sich vor mich. Kurz sah sie mich an und warf mir ein aufmunterndes Lächeln zu, aber dann blickte sie wieder in die Gesichter der Ungeheuer. "Habt ihr schon mal etwas von der Hüterin der heiligen Quelle gehört?" Mit erschrockenen Gesichtern wichen sie einige Schritte zurück. "Natürlich haben wir schon etwas von ihr gehört! Aber Bogdana ist schon lange tot.." Die blaue Fee lachte bitter. Dann zauberte sie plötzlich einen riesigen Krug unter ihrem Umhang hervor, in dem eine klare Flüssigkeit vorhanden war. Sie stellte den Behälter neben sich auf den Boden und mein Blick haftete für einige Augenblicke an ihm, bis ich plötzlich ein Geflüster und Getuschel vernahm. Unsicher schaute ich mich um, bis ich einen seltsamen silberhaarigen Jungen weit oben auf der Mauer stehen sah. Er trug einen langen schwarzen Mantel und seine Haut hatte ebenfalls einen leicht silbernen Glanz. Neben ihm stand ein kleines fuchsähnliches Tier, dass mich mit seinen Augen ebenfalls auszusaugen schien.
"Was meinst du Ion, wird das Mädchen wirklich in der Lage sein uns bei unserer Mission zu helfen? Sie scheint nicht gerade die Stärkste zu sein. Sie hat es ja noch nicht mal geschafft, an diesen Idioten vorbei zukommen. Dabei wird sie noch einigen fieseren Gestalten begegnen. Aber wenigstens hat sie nicht mehr Alin im schlepptau. Am liebsten hätte ich ihr schon bei unserer ersten Begegnung erzählt, was Alin vor hat. Aber es ist noch zu früh. Warten wir erstmal ab bis sie es zur Villa de lune geschafft hat!" murmelte er leise seinem kleinen Begleiter zu.
Als der unbekannte Jüngling meine neugierigen Blicke bemerkte, wisperte er schnell noch etwas seinem behaarten Freund zu, dann verschwand er in der Dunkelheit. Sein pelziger Anhänger aber, blieb weiterhin dort oben stehen und beobachtete uns weiter. //Wer sind die Beiden?// fragte ich mich, während meine Augen wieder zu Bogdana wanderten.
"Das glaubt aber auch nur ihr!" sagte die Fee, eher an sich selbst gerichtet. "Was? Aber Bogdana ist wirklich tot. Wir haben ihre Leiche mit unseren eigenen Augen gesehen!" Bogdana lächelte, starrte zu Boden und schüttelte mit dem Kopf. Dann begann sie einen genau zweiminütigen Zauberspruch aufzusagen. Strittig, gleichzeitig aber auch gespannt und fasziniert, verfolgte ich das seltsame Spektakel. Erst schien es mir fast so, als ob nichts geschehen würde, doch beim genaueren hinsehen, bemerkte ich, dass Bogdana die beiden Geister hypnotisierte. Denn sie leisteten keinen Widerstand. Sie standen einfach nur steif auf einem Fleck und starrten starr in den Abendhimmel. Das merkwürdige Geplätscher und Gerausche, wurde immer lauter und lauter. Die Regenwolken am Himmel zogen kreisförmig herum und es schien mir so, als ob ein Wirbelsturm im anmarsch wäre. Nachdem Bogdana ihren Zauberspruch beendet hatte, erschien plötzlich ein mattes türkis bis hellblaues Licht, dass mich blendete. "Oh mein Gott! Was geschieht hier? BOGDANA!" schrie ich befangen und hielt mir den Arm vor die Augen, damit ich nicht von dem grellen Licht geblendet wurde. "Halt dir die Ohren zu, Stela!" rief die Elfe nach einiger Zeit laut. "Was? Ich verstehe dich nicht. Es ist viel zu laut!" Auf einmal brachte ein ohrenbetäubender Knall die Erde zum Beben und das grelle Licht verschwand.
"Ist alles in Ordnung mit dir, Stela?" fragte Bogdana. "Hast du dich schlimm verletzt?" Schweigend und mit zusammengekniffenen Augen, hob ich den Kopf und sah mich um. Grauer, übelriechender Rauch stieg in den Himmel und einige Meter von mir entfernt, war ein tiefer Krater im Boden zu sehen. "Was ist passiert?" Erneut sah ich mich um und suchte nach unseren Gegnern. "Wo.. Sind sie hin?" "Psst. Ruhig Stela. Sie werden uns nichts mehr tun. Komm wir gehen dort hinten hin! Dort habe ich genug Licht und du kannst dich auf das Holzbrett setzten. Ich würde mir gerne mal deine Wunde ansehen. Kannst du aufstehen?" fragte Bogdana und half mir auf die Beine.
"Ich werde dich stützen!" Bogdana machte eine Handbewegung. "Komm! Stütze dich auf mich." Und so ließ ich mich von ihr stützen, und mit ihrer Hilfe humpelte ich zu dem Brett, auf das ich mich legte. "Mach es dir ruhig bequem." sagte die Schwarzhaarige, während sie sich mein Bein anschaute. Sanft legte sie ihre Hand auf mein Knie. Ihre Fingernägel waren silbrig schwarz gefärbt, wie glänzender Graphit, und ihre Hände sahen eher schmal, aber kraftvoll aus. Ich konnte sehen, oder eher ahnen, dass sie mit diesen eher knochigen Händen mehr zu tun in der Lage war, als es der Anschein erlaubte. "Hm.. Ja! Er hat dich wirklich gut erwischt, aber das haben wir gleich." murmelte sie und lief schnell davon, um ihren Krug zu holen. Kurz tauchte sie ihre Hände in das im Mondschein schimmernde Wasser, dann legte sie ihre tropfenden Hände behutsam auf das verletzte Bein. "Au!" schrie ich und zuckte mit dem Bein, da es schrecklich brannte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht und leicht zusammengekniffenen Augen, blickte ich in den Himmel, wo sich langsam wieder die Wolken vor den silbernen Mond schoben. Erneut murmelte die Fee in dem blauen Kleid etwas vor sich hin. Ihre leicht blauen Lippen bewegten sich, aber man hörte keinen einzigen Ton. Nach wenigen Augenblicken schienen die Schmerzen zu verschwinden und ich richtete mich überrascht auf. Die vorhin noch brennende, leicht blutige und nach verbranntem Fleisch riechende Wunde war komplett verheilt. "Das hätten wir." sagte Bogdana mit einem Lächeln. "Was? A.. Aber wie ist das möglich?" fragte ich mich eher selbst. "Ich sagte doch, dass dies Wasser aus der heiligen Quelle ist." "Sag mal, was machst du eigentlich hier?" Bogdana zuckte mit den Schultern. "Als ihr meine Höhle verlassen habt, hatte ich ein ungutes Gefühl. Ich weiß nicht. Ich wusste irgendwoher, dass euch etwas geschehen würde... also bin ich euch gefolgt. Doch wir sollten jetzt keine langen Reden schwingen. Du solltest weiterziehen, Stela." Ich nickte zustimmend. "Ja du hast recht, aber wo ist Alin? Wir wollten doch zusammen zur Villa de lune gehen." murmelte ich leise und starrte zu Boden, wo sich noch immer die dünnen Rauchschwaden ihren Weg suchten. "Mach dir keine Sorgen. Alin geht es bestimmt gut. Er ist nämlich ziemlich zäh, weißt du. Warte einfach an dieser Villa. Vielleicht findet ihr euch da wieder." meinte Bogdana und legte mir ihre Hand auf die Schulter. Erneut nickte ich. "So, und jetzt geh, Stela. Aber sei vorsichtig." "Ja, werde ich sein." sagte ich darauf und fiel meiner neuen Freundin um den Hals. Dann bewegte ich mich langsam zu dem riesigen und furchteinflößenden Tor, dass dreimal so hoch war wie ich. "Stela, warte. Nimm hier das mit! Falls du dich verletzten solltest, reibe die Wunde damit ein." rief Bogdana mir hinterher und warf mir ein kleines durchsichtiges Flächen zu, in dem etwas von der aquamarinen Flüssigkeit drinnen war. "Mach ich." antwortete ich ihr laut und steckte mir die kleine Pulle in die Rocktasche.
Ich nahm allen Mut zusammen und drückte mit beiden Händen die große, kalte Klinke nach unten. Doch nichts geschah. Das riesige Tor ließ sich nicht öffnen. Mit aller Kraft drückte ich erneut die Klinke nach unten, während ich mich mit meinem Körper kräftig gegen das Portal schmiss. Doch der Eingang bewegte sich nicht mal einen Zentimeter. Doch plötzlich war ein lautes quietschen zu hören, dass sehr in den Ohren schmerzte. Ich wich einige Schritte zurück, als ich mir das Gehör zu hielt und die Augen fest zusammen kniff. Als das schmerzende Geräusch wieder verschwunden war, öffnete ich die Augen. Das Tor hatte sich von selbst geöffnet. Mit langsamen Schritten betrat ich den großen kahlen Raum. Vor mir war ein riesiges Gitter, dessen Stäbe schwarz-silbern glänzten. Leicht rüttelte ich an ihm, doch nichts tat sich. "Das Gitter ist wohl abgeschlossen.." murmelte ich leise, als ich ein kleines Schlüsselloch daran entdeckt hatte. Links und rechts waren zwei weitere Türen. Die linke Eisentür war ebenfalls geschlossen, während die Rechte offen war. Zögerlich trat ich also durch die riesige und schwere Eichentür, die nur leicht angelehnt war. Staunend sah ich mich um. Gleich neben dem Eingang waren zwei große und unheimliche Dämonenskulpturen, die fiese Fratzen hatten. Über ihnen hingen zwei kleine Fackeln, deren Flammen wild umher scheuchten. "Brr, ist das kalt hier drin." murmelte ich leise, während ich mir die Hände aneinander rieb. Dann warf ich einen Blick nach oben. Ein Wirrwarr von Treppen und Stützen erwartete mich. Den Weg, den ich nun gehen musste, sah sehr gefährlich aus und mir schoss der Gedanke, dass ich lieber umkehren sollte, durch den Kopf. "Was mögen mich dort bloß für Fallen erwarten?" fragte ich mich laut und ließ meinen Blick zum Boden wandern. Ich ballte meine Hände zu Fäusten, schüttelte leicht den Kopf und dann trat ich auf die erste Treppenstufe. Von dort aus stieg ich auf die Zweite, anschließend auf die Dritte und immer weiter. Die schmalen Stufen knarrten unter meinen Füßen und ich wurde das Gefühl einfach nicht los, dass jeden Moment die Steige unter mir zusammenbrechen würde. Erleichtert darüber das die Treppe aber doch stand gehalten hatte, trat ich auf den kahlen Steinboden. Der Weg war sehr schmal und deswegen hielt ich mich immer nah an der Wand auf. Kurz bevor ich die zweite Steige erreicht hatte, bemerkte ich plötzlich, wie der Boden unter meinen Füßen nachzugeben schien. Ich sah hinunter und konnte die Risse in ihm sehen. Rasch machte ich einen Satz nach vorn, dann lief ich schnell zu der Treppe wo ich mich umdrehte und dabei zu sah, wie die schweren Brocken in die Tiefe stürzten. Meine Augen fixierten das riesige Loch vor dem Aufgang. Mein Atem ging flach und mein Herz pochte bis zum Halse. Ich war mir sicher, dass mir in diesem Moment sämtliche Gesichtsfarbe entwich. Sanft legte ich meine rechte Hand auf den Brustkorb und ich versuchte mein schlechtes Gefühl loszuwerden. Als ich mich etwas beruhigt hatte, ging ich langsam die morschen und faulig aussehenden Treppenstufen hinauf, bis ich wieder auf dem rot bräunlichen Boden stand.
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