Carries komische Werkstatt
  Ein harter Kampf 3
 


Ein unbarmherziges Grinsen schlich sich auf seine Lippen, als er sein Schwert schräg vor sich hielt und kühl auf mich hinab blickte. Ein unangenehmes und beklemmendes Gefühl, was mir für einige Sekunden den Atem raubte, machte sich in mir breit. Obwohl ich wusste, wie ich ihn besiegen konnte, verunsicherte er mich so. Wie schaffte er es immer und immer wieder, mir den Mut zu nehmen und mich tatsächlich, trotz meines Wissens, in dem Glauben zu lassen, dass er unbesiegbar war? Seine hasserfüllten Worte und sein lockeres undurchsichtiges Wesen, ließen jedes Mal auf das Neue, schreckliche Zweifel in mir aufkommen.

„Ich habe allmählich die Nase voll von dir und deinem dümmlichen Gerede!  So etwas naives und lästiges wie du, ist mir noch nie in meinem ganzen Leben begegnet. Und ich Dummkopf wollte dich doch tatsächlich an meiner Seite haben, pah!  Ich werde dich jetzt in kleine Stücke zerreißen, danach werde ich mir deine Freunde vorknöpfen. Für sie, und vor allem für deine kleine zuckersüße Schwester werde ich mir viel Zeit nehmen. Höllenqualen werden sie erleiden, das verspreche ich dir, Stela.“ sprach Dracula boshaft. Nur seine letzten Worte sprach er in einem ruhigen Ton. „Du ekelhaftes Scheusal!“ schrie ich entrüstet und ballte meine Hände zu Fäusten. Langsam aber sicher ging er zu weit. Er brachte mich regelrecht zur Weißglut mit dem, was er sagte. „Ich habe mich wohl arg in dir geirrt!  Ich dachte, in jedem Wesen würde etwas Gutes verborgen liegen, aber in dir scheint auch nicht nur ein klitzekleiner Funke Liebe zu sein. Du bist so erfüllt von Hass, das ist unglaublich. Nicht einmal in der Hölle würdest du Willkommen sein...“ Ein amüsiertes und raues Quieken entwich der Kehle des Grafen, als er meine Wort vernahm. „Dein Humor ist wirklich außerordentlich!  Immer wieder bringst du mich zum Lachen, köstlich. Du findest mich unglaublich? Nun, ich finde dich auch unglaublich, unglaublich lächerlich!“

Ungeheure Wut stieg in mir auf, sodass mein Körper anfing zu zittern – ich verlor die Kontrolle über mich. Wie konnte er es nur wagen, so mit mir zu reden? Er nahm mir nicht nur Menschen die ich liebte, sondern machte sich nun auch noch über mich lustig!  Wie konnte ich nur annehmen, dass man auch ihn bekehren konnte und das in ihm etwas Gutes steckt? Dracula war das Böse in Person. Er tötete nicht nur um zu überleben, er hatte auch Spaß daran gefunden, seinen winselnden Opfern den Gar auszumachen. Ein krankhafter Sadist war er!
„Was ist mit dir? Du zitterst ja am ganzen Leib, ist dir kalt?“ fuhr der Schwarzhaarige fort und sah mich vergnügt an. „Das Lachen wird dir schon noch vergehen, glaub mir Dracula!“

Verdutzt starrte der Schwarzhaarige mich an. Allem Anschein nach, war er sehr überrascht über meine kesse Tonart und er war alles andere als Begeistert darüber, dass ich so respektlos mit ihm sprach.

Langsam ging er vor mir in die Hocke und griff mit seiner Hand fest nach meinem Kinn, das er etwas anhob, um mir genau in die Augen sehen zu können. Als ich seine kalten Finger in meinem Gesicht spürte, zuckte ich etwas zusammen und mir lief ein Schauer den Rücken entlang. „Du bist ganz schön frech!  Aber eines muss ich dir lassen, du hast ziemlich viel Mut. So derart dreist mit mir zu reden, hat noch nie jemand gewagt!  Oder du hast noch immer nicht den ernst deiner Lage begriffen und weißt gar nicht wirklich, wen du hier vor dir hast, Göre!“, sagte er mit boshafter Stimme und verstärkte den Druck seines Griffs noch etwas. „Du sagst, mir wird das Lachen noch vergehen, was möchtest du denn mit mir anstellen? Willst du mich etwa steinigen oder zu Tode quatschen? Und lasse dir eins gesagt sein, dein Wissen über Vampire wird dir gar nichts nützen!  Du musst es erst einmal schaffen, mich so stark zu verletzten und glaube mir, wenn ich tatsächlich gewollt hätte, hätte ich dich schon längst getötet!  Ein kräftiger Schwerthieb von mir, würde dir dein Leben kosten. Ich war noch sehr sanft und gutmütig zu dir, aber ich kann auch anders. Eigentlich gehe ich immer sehr höflich mit Frauen um, aber bei dir kann ich auch eine Ausnahme machen, wenn du möchtest. Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du winselnd vor mir im Dreck liegen und dir wünschen, du hättest mein großzügiges Angebot angenommen!“ Selbstsicher grinste er mir entgegen, als er sich mit seinem Kopf den meinem näherte. Ich konnte deutlich seinen kühlen Atem auf meiner Haut spüren, und seine Lippen drohten meine beinahe zu berühren, als er mir zu flüsterte: „Es ist wahrlich eine Schande, ein so hübsches Mädchen wie dich beseitigen zu müssen. Ich finde dich recht niedlich und du bist sogar noch etwas schöner als Selen es war, wärst du doch bloß nicht so ein unvernünftiges und nervtötendes Ding!  Aber wenn ich es mir recht überlege, ich kann deinen toten Körper einfach wieder zurück ins Leben rufen, und dann wird er mein Spielzeug sein...“ Er lachte spitz auf, als ich mich von ihm los riss und ihn zu Boden stieß. „Du mieses Schwein, wie kann man nur so ein Fiesling sein?!  Was ist in deinem Leben so schief gelaufen, dass du so geworden bist? Selen muss damals blind vor Liebe gewesen sein!“ kreischte ich benommen.

Doch plötzlich kam mir etwas in den Sinn, als ich den Grafen vor mir liegen sah. Dracula lag lachend am Boden und dies war meine Chance, um zum Angriff über zu gehen. Denn er war unvorsichtig geworden, rechnete scheinbar nicht mit einer Attacke meinerseits und solch einen Moment musste ich nutzen!
„Ich muss den stärksten Zauber anwenden, den ich beherrsche!  Zwar wird dieser alles in Trümmer legen und es wird mich wahrscheinlich auch das Leben kosten, aber dies muss ich riskieren. Dracula ist robust, er hält sehr viel aus, aber solch einen Zauber kann er nicht überleben!  Wenn ich ihn erwische, wird nichts weiter als Asche von ihm übrig bleiben und so kann er sicher auch nicht wieder erweckt werden, da bin ich mir sicher. Er wird danach weder einen Tropfen Blut, noch einen leeren Körper besitzen, nichts wird mehr von ihm da sein.“

Schnell warf ich mich auf den Liegenden und presste seine Arme so fest ich konnte, gegen die Erde. Er wehrte sich nicht. Entweder wusste er immer noch nicht was ich vor hatte, oder er fürchtete sich einfach nicht vor mir. Langsam setzte ich mich auf seinen Bauch, hob meinen Kopf und sah auf ihn herab. Die starken Schmerzen in meinem Bein waren pausenlos zu spüren, doch ich versuchte sie zu ignorieren. Ich durfte mich einfach nicht von ihnen ablenken lassen, auch wenn ich am liebsten vor Pein hätte weinen wollen!
Stets mit einem widerlichen Grinsen im Gesicht, musterte Dracula mich, doch ein sonderbarer Ausdruck lag dabei in seinen Augen. „Ich würde gerne wissen, was er denkt. Ob er weiß, dass ich etwas vor habe?“ fragte ich mich stumm in Gedanken und wandte meinen Blick für kurze Zeit von dem Schwarzhaarigen ab.

„Mhm, ich mag Mädchen mit Temperament!“ scherzte er und zwinkerte mir zu. „Im Ernst, was soll das werden?“ wollte der Graf wissen, als er in mein emotionsloses Gesicht sah. Langsam schloss ich meine Augen und Tränen kullerten plötzlich meine Wangen hinab. „Lebe wohl, geliebte Welt!  Bald ist alles vorbei und die Menschen können wieder in Frieden miteinander leben.“ dachte ich und ließ meine Kräfte sich bündeln. Meine Gedanken konzentrierten sich nun einzig und allein auf den mächtigen Zauber und die Magie, die in mir brodelte. Diese Beschwörung war wohl die stärkste und schlimmste, die ich beherrschte. Mein Vater nannte sie 'den Todesstern', denn jedes Mal, wenn ich diesen furchtbaren Zauber heraufbeschwor, fiel ein riesiger Feuerball vom Himmel hinab, der beinahe aussah wie ein glühender Komet.
Unvorstellbare Hitze kämpfte sich durch meinen Körper und schien mich innerlich aufzufressen. Ich spürte, wie all meine letzten Energiereserven aus mir wichen und von einer fremden Macht absorbiert wurden.
Schließlich schien die Zeit stehen geblieben zu sein – undurchdringbare Stille regierte für einen Augenblick die Welt. Weder der Wind, noch die vielen zwitschernden Vögel waren zu hören. Das Feuer in meinen Adern versiegte und auch mein letztes Stück Energie wurde mir nicht entzogen – es war vollbracht.

Erschöpft ließ ich mich zur Seite kippen und gewährte Dracula den Blick zum Himmel. Ihm stockte vor Entsetzen der Atem, als er den Todesstern zwischen den vielen Wolken entdeckt hatte. Mit einer rasenden Geschwindigkeit, sauste er auf uns zu und allmählich war ein Rauschen und Zischen zu vernehmen. „Was,... was hast du getan?!“ schrie der Graf aufgebracht und richtete sich in eine sitzende Position auf, dabei wendete er nicht seinen Blick von dem gigantischen Feuerball ab. „Schon bald wirst du Geschichte sein, du und dein lächerliches Schloss!  Wenn der Komet hier einschlägt, wird er dich in Stücke reißen, und seine Flammen werden schließlich deine Überreste in Asche verwandeln. Jetzt hast du Angst, nicht wahr?“, erklärte ich ihm triumphierend und sprach nach einer kurze Pause weiter. „Du wirst zusammen mit mir sterben, nur du wirst für deine Taten in der Hölle schmoren, während ich das Paradies betrete!  Solltest du diesen Angriff jedoch überleben, dann bist du tatsächlich unsterblich. Aber ich kann eins und eins zusammen zählen, ich bin davon überzeugt, dass du es nicht überstehen wirst!“

Blanke Angst spiegelte sich in dem Gesicht des Grafen wieder, und so wusste ich, dass dies tatsächlich Draculas Ende sein würde. Zwar sagte Radu nichts davon, dass man Vampire mit Feuer auslöschen konnte, doch warum sollte sich der Schwarzhaarige sonst so vor diesem Zauber fürchten?

„Ich elender Schwachkopf!  Ich hätte es ahnen müssen, dass du etwas im Schilde führst!  Aber nicht mit mir, du machst mir keinen Strich durch die Rechnung.“, rief er rasend und sprang auf. „Ich lasse mich doch nicht von einem kleinen Mädchen besiegen. Ich verschwinde von hier, ehe es zu spät ist!“ Bevor der Graf sich bewegen konnte, griff ich nach sein Hosenbein und zerrte ihn zurück zu Boden. „Du hättest mich besser nicht unterschätzen sollen, und wärst du nicht so überzeugt von dir selbst gewesen, dann würdest du noch die Zügel in der Hand halten. Aber du bist selbst Schuld, dies wird dir eine Lehre sein, allerdings kommt diese etwas zu spät für dich...“ Dracula sah mich mit weit aufgerissenen Augen an. „Du närrisches Weib, wie kann man bloß sich selbst für andere opfern? Glaubst du etwa, dieses Menschenpack würde dir Dank entgegenbringen und dich wie einen Gott verehren, nur weil du sie vor dem Ende bewahrt hast? Wohl kaum.“ „Du verstehst gar nichts!  Darum geht es mir nicht, ich möchte doch nur meinen Vater, meine Freunde und alle anderen Lebewesen vor dir beschützen. Sie haben den Tod nicht verdient, sie sollen weiter leben, glücklich und zufrieden. Und sie sind mir sicher allemal dankbar, glaub mir!“
Das laute Zischen und Rauschen wurde beinahe Ohrenbetäubend, denn der Todesstern würde bereits in wenigen Sekunden uns alle Geschichte sein lassen. Er tauchte alles in ein weißes gleißendes Licht und ich konnte bereits seine Hitze auf meiner Haut spüren, es brannte fürchterlich und ich war froh, wenn alles vorbei sein würde.
Langsam blickte ich durch ein Loch in der Decke, hinauf auf den Kometen. Er versperrte Dracula und mir, die Sicht auf den klaren Morgenhimmel. Meine Gedanken überschlugen sich, ich wusste nicht woran ich denken sollte, kurz vor meinem Tod. Sie hingen bei meinem Vater, bei Cosmin und den anderen, aber auch bei den vielen unschuldigen Menschen. „Ich konnte Cosmin nicht einmal sagen, was ich für ihn empfinde. Ich hoffe, er passt gut auf sich auf.“ schoss es mir durch den Kopf und ich ließ mich zurück sinken, dabei hielt ich den Grafen jedoch fest umschlungen.

„Lass mich los!“ schrie der Schwarzhaarige bestürzt und es gelang ihm, sich aus meinem Griff zu befreien. Doch es war zu spät, ein Fluchtversuch würde ihm nicht mehr gelingen!  Denn der riesige Feuerball riss bereits die Deckenmauern komplett ein und zerbröckelte sie zu Staub.

Nur noch wenige Meter war er von uns entfernt und bald würde alles vorbei sein. Die Hitze brannte unerträglich heiß auf meiner Haut – wie feuriges Efeu umschlang sie meinen Körper, und ich war nicht in der Lage, irgendetwas zu unternehmen. Die stickige Schwüle der Luft verwandelte sich schon bald in die Glutwärme einer Flamme. Immer schneller schlug mein Herz in der Brust und mein Atem biss sich qualvoll durch meine Lungen. Die Helligkeit flackerte in meinen Augen und nur noch sehr verschwommen, konnte ich die Umrisse der um mich liegenden Gegenstände erkennen. Schweiß rann meinen Hals hinab und es schien mir so, als ob mir die umher schwirrende Glut riesige Löcher in die Haut brannte. Langsam schloss ich meine Augen und öffnete sie nicht wieder. Denn die schrecklichen Bilder vor mir, hatten sich deutlich in meinem Bewusstsein eingenistet.
Zitternd legte ich meinen Kopf auf mein Knie, bis ich plötzlich dicht neben mir ein Tosen vernahm. Ein zarter Windhauch wehte mir entgegen und kühlte mein heißes Gesicht. Ruckartig sah ich auf, als ich ein leises Getuschel hören konnte und schließlich entdeckte ich zwei schemenhafte Gestalten, die auf mich zu gerannt kamen.
„Schnell, da vorne ist sie!“ erklang plötzlich eine mir bekannte Stimme und mir fiel wahrlich ein Stein vom Herzen, als ich erkannte, wer diese beiden Personen waren. Alin und Rosa waren gekommen, um mir zu helfen!  „Schnell Stela, nimm meine Hand!“ rief die Blonde und hielt mir noch während dem Laufschritt ihren Arm entgegen. Schnell griff ich nach ihr und klammerte mich panisch wie eine ertrinkende an die junge Frau. „Wartet!  Nehmt mich mit, ich werde niemandem mehr etwas tun, versprochen!  Ihr könnt mich nicht zurück lassen,... das könnt ihr nicht machen!“ kreischte Dracula bettelnd, doch ehe er sich versah, waren wir verschwunden und er blieb allein zurück.

Nur wenige Momente nachdem ich meinem Tode nur haarscharf entkommen war, fand ich mich an einem mir sehr bekannten Ort wieder. Hier hatte ich meine ersten Schritte durch Draculas Reich begonnen.
Rings um mich herum befanden sich abgestorbene Bäume und riesige Felsbrocken, an denen sich dicke schichten Moos und Unkraut schmiegte. Genau vor mir befand sich die undurchsichtige grüne Nebelwand, durch die ich Anfangs gekommen war. Nun war es nicht mehr weit, bis ich wieder zu Hause in Târgoviste war und meinen Vater wiedersehen konnte.
Doch plötzlich war ein Donnern zu hören und am Horizont war eine riesige Rauchwolke zu sehen - jetzt war endgültig alles vorbei. Der Komet hatte das Schloss und wohl auch Dracula zu Staub zermahlen.
Erleichtert ließ ich mich auf die Knie fallen und stützte mich mit den Händen am Boden ab, der über und über mit brauner Erde und Sand bedeckt war.
„Wenn ihr auch nur einige Sekunden später gekommen wärt, dann würde ich jetzt sicher nicht mehr unter den Lebenden weilen.“ murmelte ich leise und noch immer lag ein Zittern in meiner Stimme. „Du hast den Zauber herauf beschworen, habe ich recht Stela? Was hast du dir bloß dabei gedacht, wolltest du dich etwa aufopfern? Es hätte sicher auch einen anderen Weg gegeben!“ meinte Alin verärgert, doch er war nicht wütend auf mich, sondern eher Krank vor Sorge. „Es ist doch noch einmal gut gegangen, wir waren ja noch rechtzeitig bei ihr.“ sagte Rosa und warf mir ein aufmunterndes Lächeln zu. „Was meint ihr, ist er nun wirklich im Jenseits?“ fragte ich unsicher und sah die beiden Vampire an. Doch plötzlich bebte der Boden unter unseren Füßen und der Himmel färbte sich in ein dunkles tiefes Schwarz.


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