Carries komische Werkstatt
  Der Schatz bei den Katakomben 7
 


Ein erleichtertes Jauchzen, das wiederum untermalt wurde von einem etwas leiseren Echo, ließ Rosa erschrocken herum wirbeln. „Was ist denn los?“ fragte die Blonde, die etwas irritiert durch meinen Freudenschrei drein blickte. Auch Nyria sah atemlos zu mir auf, als ich auf sie zu gestürmt kam und mich auf allen Vieren vor ihr nieder kniete. Ich war so völlig außer mir, weil die Weißmagierin den armen kleinen Ion in ihren Armen hielt, den ich zuvor wegen meiner Erschöpfung in die Tiefe stürzen ließ. „Er hat sich wieder in seine alte Form zurück verwandelt. Gott sei Dank!“ rief ich froh und strich ihm über das winzige Köpfchen. Er war noch immer nicht bei Bewusstsein, aber sein flacher und regelmäßiger Atem verriet mir, dass es ihm wohl gut ging. „In seine alte Form? Gehört die Katze zu dir, Stela?“ erkundigte sich die Grauhaarige, währenddessen sie Ion mit mitleidigen Augen musterte. „Ja, er ist ein Freund von mir. Er war zusammen mit mir in Serens Welt. Sie hatte ihn in eine Steinfigur verwandelt und im Kampf ließ ich ihn fallen...“ erklärte ich ihr kurz und nahm ihr Ion ab.

Als ich mich wieder aufgerichtet hatte, beäugte ich Seren, die wie Versteinert in der Mitte des Raums stand. Ihre Körperhaltung war verkrampft und ein starkes pulsieren an ihren Schläfen war zu sehen. An ihren Händen und über die Arme verteilt, sah man deutlich die Adern, die sich dort abzeichneten. Schweiß rann ihre Stirn hinab und perlte schließlich an ihrem Kinn ab.
„Was machen wir nun mit ihr?“ fragte ich leise, eher an mich selbst gerichtet. „Überlass Seren uns!   Du wirst jetzt weiter gehen und deine Schwester finden. Sobald wir einen Zauber gefunden und ihr den Gar ausgemacht haben, kommen wir nach.“ meinte Rosa, wobei sie langsam um den starren Körper herum schlich. „Gut, aber seid vorsichtig. Spielt nicht so viel mit den Flüchen, denn viele können auch böse Nebenwirkungen haben.“ Fast gleichzeitig nickten Rosa und Nyria mit dem Kopf, als ich meine Worte beendet und das Zauberbuch der Blonden übergeben hatte.
Zielstrebig ging ich auf die alte Holztür zu und öffnete diese vorsichtig mit einem leisen Quitschen. „Viel Glück!“ rief mir die Grauhaarige hinterher, bevor ich den nächsten Raum betrat und den Eingang zurück ins Schloss fallen ließ.

Hinter dem morschen Tor, lag ein düsterer Gang, in dem sich dicht an dicht, kleine Zellen reihten. Es herrschte Totenstille, nur das Knistern der Fackeln und dem Hallen meiner eigenen Schritte war zu hören. Ein kalter Schauer jagte mir über den Rücken und eine Gänsehaut machte sich auf meinem Körper breit. Ich hatte ein unwohles Gefühl in meinem Magen, als ich dem Weg folgte. „Kaum zu glauben, dass in diesen Käfigen Menschen gefangen gehalten werden.“ dachte ich mir und schauderte. Plötzlich kam ein höhnisch lachendes Gerippe auf mich zu und ich blieb wie angewurzelt stehen.

„Oh, ich habe Besuch. Es kommt nur selten vor, dass jemand einfach so hier eindringen kann. Der Raum wird strengstes bewacht, aber du musst wohl Seren überlistet haben und das Mädchen sein, von dem mir mein Meister erzählt hat.“ Dem Skelett klapperten die Knochen vor Lachen. Mit einem wilden und heftigen Fußtritt, trat ich ihm gegen die Rippen, doch dieses Knochengerüst konnte meinen Hieb einfach so wegstecken. „Ich bin anders als die Anderen meiner Art. Du kannst mir nichts anhaben!  Außerdem, ich bin eh schon tot. Nur mit einem Zauber kannst du mich besiegen. Aber keine Angst, ich werde dir kein Haar krümmen.“ Die leeren Augenhöhlen des Gerippes leuchteten blutrot auf. Lachend drehte es sich um, und ging weiter den langen Gang entlang. Es blickte nicht einmal zu mir zurück. Wie unter einem Bann stehend, folgte ich ihm, bis wir schließlich die Kerker erreichten, in denen die Leute aus Târgoviste eingesperrt waren. Ich blieb stehen und sah in ihre verzweifelten Gesichter. Viele von ihnen kannte ich. Aber in einer solch kleinen Stadt wie Târgoviste, kannte natürlich eh jeder jeden. Niemand von ihnen, sah auch nur einmal zu mir hinauf, scheinbar hatten sie den Kampf aufgegeben und sich damit abgefunden, dass sie nun hier ihr Ende finden würden.

„Mein Meister sagte mir, dass ich dir kein Haar krümmen dürfe. Außerdem befahl er mir, dass ich dich zu deiner Schwester bringen solle. Er ist ja so Gütig.“ erzählte mir das Skelett, während ich ihm weiterhin folgte. „Dein Meister? Du meinst Dracula, habe ich recht?“ fragte ich es, woraufhin es nur mit einem 'Ja' antwortete. „So, und du meinst, er ist Gütig? Dann will ich dir mal etwas sagen!  Dein ach so edler und gütiger Herr erpresst mich, er tötet Menschen, plündert Städte, und das soll Gütig sein?“ fuhr ich das Gerippe an und verschränkte die Arme vor der Brust. „Er ließ mich wieder auferstehen und gab mir so meine Existenz auf dieser Welt zurück. Er ist nun mal ein Vampir und Vampire töten um zu überleben.“ „Nicht alle Vampire töten Menschen!  Es gibt auch welche, die sich von Tierblut ernähren. Und Dracula rief dich nur ins Leben zurück, weil er selbst ein Nutzen daraus zog. Wenn er dich nicht mehr braucht, wird er dich zurück ins Jenseits schicken.“ „So kann nur ein Narrenweib sprechen. Tiere töten, die sich nicht einmal wirklich wehren können, ist also in Ordnung? Ihr Menschen seid doch auch nicht besser!  Ihr tötet ebenfalls, um zu überleben. Ihr schlachten Tiere ab und stillt euren Hunger, genauso machen es auch die Vampire. Aber nur weil sie Euresgleichen töten, ist das Geschrei bei euch groß. Ihr denkt doch genauso wenig über eure Taten nach...“ Erschrocken hielt ich die Luft an. Auch wenn ich es ungern zugab, es hatte recht mit seinen Worten. Alle Lebewesen töten um zu Leben, ohne auch nur zu überlegen. Doch kaum wird jemand aus dem Rudel getötet, wollen alle Rache. „Wir sind da.“ sprach das Skelett plötzlich und blieb stehen. Sofort zerplatzten meine Gedanken über dieses Thema und ich hob den Kopf. Jeden Augenblick würde ich endlich meine Schwester zu Gesicht bekommen. Aufgeregt ließ ich meine Blicke durch die Zellen schweifen, bis sie plötzlich an einem Kind hängen blieben, dass in einer riesigen Blutlache lag. Als ich mich bestürzt dem Gitter näherte, erkannte ich, dass es sich um einen kleinen Jungen im alter von drei bis sechs Jahren handeln musste. „Was ist mit ihm passiert?“ fragte ich entsetzt und schlug mir die Hand vor den Mund. „Ich... Ich hatte solchen Hunger...“ Ertönte plötzlich eine piepsige Stimme und eine winzige Hand umschloss meine. Langsam erfassten meine Augen ein blondes Mädchen, dem ein wenig Blut die Mundwinkel entlang lief. Sie hielt einen alten und verdreckten Stoffbären im Arm und ihre stechend blauen Augen funkelten mich an. „Aurelia!“

Die eisblauen Augen, mit denen meine Schwester mich starr musterte, zeigten kein Gefühl, keine Wärme. Ihre zarte kindliche Haut war leichenblaß, die Röte die ihre Wangen immer besaßen, war verschwunden. Ich hatte das Gefühl, eine wandelnde Tote vor mir zu haben. Einzig und allein ihre langen blonden Haare, die sie zu einem Zopf gebunden hatte, zeigten etwas Leben, da sie bei jeder ihrer Bewegungen sanft umher schaukelten. „Sie ist nicht mehr die Alte. Sie ist nun eine von uns.“ schossen mir plötzlich die Worte von Alin durch den Kopf. In meiner Vorfreude auf unser Wiedersehen, hatte ich das was er sagte, völlig verdrängt. Wie gebannt hing mein Blick an Aurelia, die mich noch immer wie erstarrt ansah. Sie war wohl ebenso verwirrt und erschrocken wie ich. Die Angst war ihr deutlich anzusehen. „Ich kann es nicht glauben, sie ist nun eine von ihnen, sie gehört nun den Vampiren an.“ sprach ich mir fassungslos in Gedanken zu. Obwohl meine Schwester nun Tod oder auch Untot war, hatte sie ihre kindhafte und unschuldige Art nicht verloren.

„Stela, wo sind Mama und Papa. Und Horea, was ist mit ihm?“ Die Knöchel meiner Hände, die die kalten Gitter umklammerten, traten weiß hervor, so fest krampften sich meine Finger und den Stahl. „Ich... Ich weiß nicht, Aurelia. Aber ich bin sicher, es geht ihnen gut und sie warten zu Hause auf uns.“ Ratlos schüttelte das blonde Mädchen den Kopf. „Nein, bevor ich hierher gebracht wurde, hatte ich mich im Keller unseres Hauses versteckt. Aber die bösen Wesen hatten mich gefunden, mich hinaus auf die Straße gezerrt und unser zu Hause nieder gebrannt.“ erzählte sie und ihre Augen schwammen in Tränen. Ich griff durch die Stäbe nach ihrer Hand und hielt sie fest in meiner. „Dann werden sie sicher die Stadt nach uns absuchen und sie sind bestimmt schon Krank vor Sorge. Glaub mir, es geht ihnen mit Sicherheit gut.“ log ich. In ohnmächtiger Verzweiflung, stieß ich meinen Kopf gegen die Gitterstäbe und biss mir auf die Unterlippe. Aurelia nickte mir gläubig zu, dann sah sie in die Richtung, wo der leblose Junge lag. „Was ist mit ihm? Lebt er noch, Stela? Ich wollte ihm nicht Weh tun, wirklich. Aber ein großer Hunger und etwas unheimliches überkam mich.“ schluchzte sie bitterlich und schloss ihre Augenlider. Ohne eine Antwort zu wissen, sah ich ebenfalls zu dem Jungen, dann ließ ich meinen Blick zu drei weiteren Kindern gleiten, die alle dicht aneinander geschmiegt an der Zellenwand kauerten und meine Schwester ehrfürchtig ansahen.
Langsam löste ich mich aus dem Griff der Jüngeren und stand auf. Fest drückte ich Ion an meine Brust und blickte das Gerippe, das immer noch neben mir stand, auffordernd an. „Mach sofort die Tür auf und lass meine Schwester raus. Auch die anderen Leute wirst du gehen lassen!“ herrschte ich es an und hob drohend den Zeigefinger. Auf das Wort genau, gehorchte es mir und öffnete die Zellen. Sofort ließ ich mich auf die Knie fallen und schloss Aurelia in meine Arme. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht, meine Kleine.“ hauchte ich ihr ins Ohr und strich ihr liebevoll über die Wange.

Plötzlich zog ein lautes Geschrei, das aus Richtung Halle kam, meine Aufmerksamkeit auf sich. „Was ist dort los?“ fragte ich leise, eher an mich selbst gerichtet. Blitzartig zersplitterte die Holztür auf der anderen Seite des Gangs und ich konnte sehen, wie Nyria und Rosa durch die Tür hindurch in den Korridor geschleudert wurden und schmerzhaft auf dem Boden landeten. Sofort sprang ich auf und eilte den Beiden zur Hilfe. Vorsichtig half ich Nyria auf und fragte: „Was ist passiert?“ „Ich.. Wir.. Wir wollten einen Vernichtungszauber aussprechen und Seren unschädlichen machen. Aber der Zauber hat nicht gewirkt, im Gegenteil. Er hat den Kontrollzauber gebrochen!“ Erschrocken sah ich in die Halle und erspähte Seren, die uns triumphierend ansah. „Ihr hättet mich nicht unterschätzen sollen, meine Mädchen. Ich sage euch eins, wir werden uns Wiedersehen und dann seid ihr schon so gut wie Tod!“ rief sie wütend.

Dann löste sie sich plötzlich in Luft auf. Sie verschwand einfach. Ängstlich zerrte Aurelia an meinem Kleid und ich legte beruhigend meine Hand auf ihre Schulter.
„So schnell werden wir die wohl nicht wiedersehen.“ meinte Rosa schulterzuckend, während sie das kleine blonde Mädchen durchdringend musterte. „Sei dir da mal nicht so sicher!  Auch wenn ich Seren kaum kenne, ich denke, sie kann mit einer Niederlage nicht leben. Wir werden sie schneller wiedersehen, als uns lieb ist.“ vermutete ich und sah die Blonde, die mir gegenüber stand, selbstsicher an. „Ist das deine Schwester Aurelia?“ fragte Nyria neugierig und beugte sich zu dem Kind hinunter, um ihr in die Augen zu sehen. „Ja, ich habe sie endlich gefunden. Gott sei Dank!“ antwortete ich ihr, während Aurelia sich immer mehr vor Angst hinter meinem Rücken versteckte. „Stela, wer sind die beiden?“ fragte sie vorsichtig. Wie gebannt hing ihr Blick an Nyria, die sie lächelnd ansah. Als die Grauhaarige ihre Hand nach ihr ausstreckte, wich sie vor ihr zurück. „Sind das Freundinnen von dir?“ Ihre Stimme klang unsicher und ängstlich. Die Knöchel der Hand, mit der sie den Stoff meines Kleides umklammerte, traten weiß hervor, so fest verkrampften sich ihre Finger.
„Du musst dich doch nicht fürchten, Aurelia“, begann Nyria zu sprechen. Noch immer hatte sie dieses freundliche Lächeln im Gesicht. „Wir sind Freunde von Stela. Wir haben hier unten überall nach dir gesucht.“ Fragend blickte meine Schwester zu mir hinauf, während ich ihr zustimmend zunickte. „Ja, sie sind sehr gute Freunde von mir. Später wirst du noch mehr Leute kennenlernen, die mir geholfen haben, nach dir zu suchen.“
Zögernd griff Rosa nach meinem Handgelenk zu zog mich etwas zu sich heran. „Sie ist ein Vampir, ich hoffe, das hast du schon bemerkt.“ flüsterte sie mir ernst ins Ohr und musterte mich aus dem Augenwinkel heraus. „Ich kann den Verwesungsgeruch, der eindeutig von ihr ausgeht, deutlich erkennen. Sie muss schon vor einigen Tagen verwandelt worden sein.“ „Verwesungsgeruch? Ich rieche beim besten Willen nichts, Rosa!  Sie wurde vor drei Tagen gebissen, und ja, ich weiß, dass sie kein Mensch mehr ist.“ „Menschen können es auch nicht riechen, da ihre Sinne nicht so scharf sind, wie die von Vampiren. Auch wenn wir nicht wirklich verwesen und unser Körper sich nicht zersetzt, so können wir den Tod trotzdem am Geruch erkennen. Wir wissen also sofort, wenn sich irgendwo in unserer Nähe ein Vampir herumtreibt und umso intensiver der Geruch ist, um so älter ist der Blutsauger.“

Langsam zogen die Bewohner meiner Heimatstadt an uns vorbei in Richtung Halle. Das seltsame Skelett führte sie wohl zum Ausgang. Keiner der Leute würdigte uns eines Blickes, ob sie überhaupt begriffen hatten, dass sie nun frei waren und zurück in die Stadt gehen konnten? „Da vorn ist ein Skelettkrieger!“ rief Rosa plötzlich wütend. „Was hat es mit den ganzen Menschen vor?“ „Beruhige dich. Es führt die Gefangen wohl aus den Katakomben hinaus. Dracula befahl ihm, dass es mir kein Haar krümmen dürfe und aus irgendeinem Grund, gehorcht es mir auch. Die Leute sind nun frei.“ „Dann sollten wir ihnen folgen. Wir müssen eh zum Ausgang gehen. Erst wenn wir wieder draußen sind, können wir zurück zu den anderen.“ schlug Nyira vor. Schließlich schlossen wir uns ihnen an und folgten dem Knochenmann zum Ausgang.

Wir gingen durch viele lange und verzweigte Korridore, die düster und unheimlich waren. Unser aller Schritte hallten gewaltig durch die Gänge, und es klang fast so, als ob wir eine ganze Armee wären, die im Gleichschritt marschierte. Umso näher wir dem Ausgang kamen, umso schlechter wurden die Mauern und der Weg – uneben und die Gesteinsmassen schienen uns beinahe zu erdrücken.
„Gleich sind wir draußen.“ bemerkte Aurelia erleichtert. „Diesen Weg sind wir auch gegangen, als wir hierher gebracht wurden.“ Während alle weiter dem verwitterten und feuchten Pfad folgten, fiel mir in einem Seitengang ein riesiges schmückendes Tor auf, das verziert mit Gold und vielen Edelsteinen war. Doch dem Holz sah man deutlich die Spuren der Zeit an. Aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, dass sich hinter dieser Tür etwas geheimnisvolles befand, vielleicht auch etwas wertvolles. Warum sonst, sollte man hier unten eine solch prachtvolle Tür montieren? Langsam umschlossen meine Finger den kalten goldenen Griff und ich drückte die Klinke ohne nachzudenken nach unten. Mit einem kräftigen Ruck schob ich den Eingang auf und starrte in eine unendlich rabenschwarze Dunkelheit.
„Was ist los, Stela? Stimmt etwas nicht?“ erkundigte sich Nyria besorgt, während ich eine Fackel aus ihrem Halter löste. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Es ist alles in bester Ordnung, ich habe nur so ein komisches Gefühl.“ Mit seltsamen Blicken musterten mich meine Freundinnen, als ich mit der Lichtquelle den Raum betrat. Inzwischen hatte sich die Räumlichkeit mit Helligkeit gefüllt und ich sog entzückt die Luft ein, als ich die Dinge, die eben noch im Dunkel verborgen lagen, mit meinen Augen abtastete. Auch Nyria, Rosa und Aurelia jauchzten überrascht auf, nachdem sie mir gefolgt waren. Überall glitzerte und funkelte es in den unterschiedlichsten Farben. Der Raum war vollkommen mit Wertsachen vollgestopft. Gold soweit das Auge reichte, geschliffene Juwelen, Edelsteine, wertvoller Schmuck und viele viele andere Dinge lagen herum.
„Ist denn das zu fassen?“ sprach Rosa verwundert und ging auf eine geöffnete Schatztruhe zu, die über und über mit Goldtalern gefüllt war. „Das sind dann wohl all die Schätze, die Dracula bei seinen Streifzügen mitgehen lassen hat. Dass er soviel erbeutet hat, hätte ich nicht gedacht.“ Zustimmend nickte ich ihr zu. „Ethgar wäre von den Socken, wenn er dies sehen würde. Dies ist also der Schatz, nach dem er solange gesucht hat.“ sagte ich und hob einen funkelnden Trinkbecher vom Boden auf.

Während wir uns mit aller Ruhe umsahen und den ein oder anderen Ring an unsere Finger steckten, zog plötzlich ein rot schimmernder Kristall meine Aufmerksamkeit auf sich. Er stand versteckt im Schatten in einer einsamen Ecke, umhüllt von einer Glasscheibe. Sofort fielen mir die Worte von Radu ein. „Finde einen roten Heilkristall in Draculas Schloss. Nur mit ihm kannst du deinen Vater retten.“ hatte er gesagt. „Gefällt er dir, Stela?“ riss mich Rosa plötzlich aus meinen Gedanken. „Es heißt, dieser Kristall besitzt heilende Fähigkeiten.“ „Woher weißt du das?“ wollte ich wissen. Die Blonde zuckte mit den Schultern. „Ich habe schon viel von ihm gehört und Dracula zeigte ihn mir auch einmal vor langer Zeit. Er sagte, damit kann man das Vampirgift aus einem Körper hinaus treiben.“ Mein Herz machte einen Freudensprung, als sie dies sagte. „Also habe ich ihn endlich gefunden!  Nur wegen diesem Kristall bin ich hergekommen. Damit kann ich endlich meinen Vater retten.“

Ich steckte die Fackel, die ich noch immer fest in meinen Händen hielt, in einen Halter an der Wand. Dann wandte ich mich wieder dem Kristall zu. Vorsichtig öffnete ich den Deckel der gläsernen Schatulle und griff nach dem funkelnden Stein. Durch das Licht des Feuers, wurde ein schimmerndes Rot, das von dem Kristall ausging, durch den Raum geworfen. Durch das seltsame Licht, färbte sich unsere Haut und unsere Kleidung in ein dunkles Rot.
„Wie wendet man diesen Stein an? Muss man eine Zauberformel sagen?“ fragte ich fast flüsternd, sodass meine Stimme fast im Knistern der Laterne unterging. „Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass man damit jemanden zurück in einen Menschen verwandeln kann. Tut mir Leid, dass ich dir nicht mehr helfen kann.“ sprach Rosa und ihr Blick hing hilflos an Nyria. „Vielleicht weiß Radu, was zu tun ist. Immerhin erzählte er mir von dem Kristall und er schickte mich hierher.“ „Wirst du nun zurück in deine Stadt gehen?“ wollte die Grauhaarige wissen und ein trauriger Unterton lag in ihrer Stimme. „Ich bin mir nicht sicher. Ihr habt mir soviel geholfen und ich kann euch doch nicht im Stich lassen, wenn ihr gegen Dracula kämpft.“ Rosa schüttelte mit dem Kopf. „Ich weiß zwar immer noch nicht genau, was los ist. Aber es scheint dir sehr wichtig zu sein. Dracula besiegen wir auch allein.“ sagte sie ernst und legte mir ihre Hand auf die Schulter. „Sie hat recht!“ warf Nyria ein und kam einen Schritt auf mich zu. „Du kannst nicht noch länger warten, sonst ist es zu spät.“ Sie sah sich über die Schulter und blickte zu Aurelia, die uns nervös beobachtete. Schwermütig nickte ich. „Ich werde schnell Aurelia zurück bringen und Radu aufsuchen, um ihm den Kristall zu übergeben. Dann werde ich sofort zurück kommen und euch helfen.“
Ein unheimliches Grollen ließ und aufhorchen. „Die Menschen sind am Ausgang angekommen. Wir sollten uns auch auf den Weg machen.“ meinte Rosa und ging in Richtung Ausgang.

Zügig eilten wir durch die düsteren Gänge. Rosa und Nyria wussten den Weg genaustens, da sie durch diesen Eingang gekommen waren. Schließlich kamen wir nach einiger Zeit an einem offen stehenden Tor an, durch das ich bereits den Himmel und die vielen schwarzen Baumkronen sehen konnte. Als wir hinaus ins Freie traten, peitschten uns unzählige Wassertropfen entgegen und der Wind brauste eiskalt an uns vorbei. Graue Wolken verschleierten den Himmel und nahmen uns die Sicht auf den silbernen Mond. Zitternd schloss ich meine Arme um Ion, um ihn vor dem Regen zu schützen und ließ meinen Blick umher schweifen. Hinter uns zog sich eine lange Mauer in die Länge und erst jetzt wusste ich, dass wir an der Schlossmauer sein mussten.
„Hört zu!  Ihr müsst immer gerade aus gehen, dann kommt ihr nach einiger Zeit bei einer Schlucht an.“ „Meinst du den Höllenschlund?“ fragte ich Rosa leise. „Ja genau. Sobald ihr die Schlucht überquert habt, müsst ihr immer weiter der Nase nach. Ihr werdet es schon schaffen.“ Ich nickte. „Ja, werden wir. Ich kenne den Weg noch so einigermaßen.“ Nyria verpasste mir einen leichten Schubs und ich strauchelte nach vorn. „Geht schon. Beeilt euch!“ sprach sie mit bebender Stimme. Ein dicker Kloß schien sich in meiner Kehle niedergelassen zu haben, den ich mit aller Macht versuchte runter zu schlucken. Der Abschied fiel mir schwer, auch wenn ich wieder zu ihnen zurückkehren wollte. Ich war mir aber dennoch nicht sicher, ob ich sie wirklich wiedersehen würde. Hastig griff ich nach Aurelias Hand und rannte einfach los, ohne auch nur einmal zurück zu sehen. „Ich komme zurück, glaubt mir!  Und sagt Cosmin, dass ihr nicht ohne mich kämpft!“ rief ich zum Abschied und langsam verschwanden wir ihm Dickicht.


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