Carries komische Werkstatt
  Der Schatz bei den Katakomben 3
 


Ein dumpfes Tönen erklang, als ich wie ein nasser Sack auf den feuchten und harten Morastboden, neben dem riesigen Trümmerhaufen aufschlug. „Oh mein Gott!  Stela!  Ist dir etwas passiert? Geht es dir gut?“ konnte ich Alin entsetzt brüllen hören. „Ja, ich bin in Ordnung.“ stöhnte ich, während ich mich vor Schmerzen krümmend aufrichtete. Ich sah nach oben auf das riesige Loch, durch das noch immer Staub und Gesteinsbrocken prasselten. Die Decke prunkte etwa vier Meter über mir und ich war in ein unterirdisches Gewölbe gefallen. Als sich meine Augen an die Finsternis gewöhnt hatten, sah ich, dass es hier keinen Ausgang oder sonst irgendeinen Weg gab.
„Ich habe dir doch gesagt, dass es besser wäre, die Finger von dem Hebel zu lassen!“ rief der Schwarzhaarige Rosa zu und lugte sie triumphierend an. „Hör auf!  Ihr ist doch nichts schlimmes passiert!“ wehrte sich die Blonde und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. „Ihr hätte aber etwas geschehen können!  Denk mal, sie wäre umgekommen!  Dann hätte Cosmin dich einen Kopf kürzer gemacht..“ „Ich will euch ja nicht bei euren Streitereien stören, aber würdet ihr mir vielleicht freundlicherweise hier raus helfen?“ fragte ich schnippisch mit quietschender Stimme. „Ja, ich versuche dich rauf zu Teleportieren.“ antwortete Rosa und hielt sofort ihren Zauberstab in die Luft. Mit einem erleichterten Seufzen, setzte ich mich schlaff auf einen riesigen Felsbrocken, der zuvor von der Decke gekracht war. Doch plötzlich war ein lauter Lärm unweit hinter mir zu hören. Ruckartig drehte ich mich um. Jegliche Farbe wich aus meinem Gesicht, als ich sah, wie die Wände sich bewegten und mir immer näher kamen. Panik machte sich in mir breit und ich schrie entsetzt auf. „Rosa, beeil dich!  Die Wände bewegen sich und kommen immer näher, sie werden mich zerquetschen!“ schrie ich dröhnend und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Es geht nicht!“ rief sie aufgebracht. „Der Raum hat einen magischen Schutzschild. Meine Magie wirkt nicht!“ „Oh nein.“ wisperte ich. Mein Hals fühlte sich trocken und rau an. Fassungslos starrte ich meinem Ende entgegen. „Es ist aus!“ schoss es mir durch den Kopf und ich ließ mich erschüttert auf die Knie fallen. Mein Körper begann unkontrolliert zu zittern, während ich meine Augen fest zusammenkniff. Doch meine Fassungslosigkeit schlug schnell in panische Hysterie um und ich schrie so laut ich konnte. „Ich will nicht sterben!  Aber hier gibt es nichts, wodurch ich flüchten könnte, noch nicht mal ein kleines Loch.“ versuchte ich die anderen über meine hoffnungslose Lage aufzuklären und ein Funken von Irrsinn lag dabei in meinen Augen. „Du wirst nicht sterben, Stela!“ versuchte Alin mich zu beruhigen. „Wir suchen ein Seil, oder irgendetwas, womit wir dich hochziehen können.“ Mit diesen Worten verschwanden die Beiden, und suchten den Raum nach etwas brauchbarem ab. Die Zeit verstrich rasend und die Zwei waren noch immer nicht zurückgekehrt. „Wo seid ihr?“ schrie ich bang und sah nach oben auf das riesige Loch in der Decke. „Es kann doch nicht schon mit mir vorbei sein!  Nein, es darf einfach nicht mein Ende sein!“ Meine Stimme wurde von Wort zu Wort immer leiser, bis sie schließlich nur noch ein Flüstern war. Die Wände waren nun nicht mehr als drei Meter von mir entfernt und sie kamen immer weiter erbarmungslos auf mich zu. „NEIN!“ kreischte ich ihnen entgegen und vergrub das Gesicht in den Händen.
Plötzlich spürte ich, wie der Raum sich plötzlich aufheizte. Überrascht riss ich die Augen auf und sah mich misstrauisch um. Winzige blau weiße Blitze, ziepten an der Wand, die sich genau hinter mir befand, hin und her und ließen den Raum hell aufleuchten. Wenn ich genau hinsah, bildeten sie die Form eines riesigen Tores. Die Erschütterungen unter meinen Füßen, wurde immer gleichmäßiger und ich schaute dabei zu, wie sich die Oberfläche der Wand langsam veränderte

Erst sah es so aus, als würde dickflüssige Farbe zwischen den vielen Steinen hervorquillen, doch dann bildete sich langsam ein hohes Tor, dass sich wie von Geisterhand mit einem grellen Quietschen öffnete. Ohne zu zögern und nachzudenken, quetschte ich mich durch die Pforte, denn die Wände berührten schon allmählich meine Schultern und zerbröckelten die dicken Trümmerteile zu feinem Staub.

Ich wusste nicht, wohin mich das Tor brachte oder ob ich nun in der nächsten Falle sitzen würde, doch die Ungewissheit war besser, als zwischen den steinernen Wänden zerquetscht zu werden.

Als die Tür sich wieder in Luft auflöste und auch der letzte matte Lichtstrahl erlosch, ließ ich mich erschöpft zu Boden sinken. „Da bin ich noch mal mit dem Schrecken davon gekommen.“ dachte ich und wischte mir mit dem Ärmel meines Kleides, die Schweißperlen von der Stirn. Es war Stockdunkel und man konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Erst als ich mich langsam an die Dunkelheit gewöhnt hatte, konnte ich schemenhaft die Umrisse der Wände sehen, und ich war mir sicher, dass ich mich nun im Katakombenlabyrinth befand. Denn es schien mir so, als stünde ich in einem langen Korridor. Am Ende des Gangs, konnte ich eine schwache Lichtquelle ausmachen und es sah fast so aus, als würde es dort mehrere Abzweigungen geben. Ich tastete den Boden um mich herum flüchtig ab, während ich unter leisem Stöhnen aufstand. Ich zerbrach mir nicht den Kopf über das absurde Geschehnis, dass in meinen Augen kaum einen Sinn machte. Denn für mich gab es jetzt nur noch Aurelia. „Ich muss sie unbedingt finden!  Kostet es, was es wolle. Wenn ich sie bei mir habe, werde ich einen Ausweg finden und zu den anderen zurückkehren. Sie werden nun sicher denken, dass ich tot sei.“ murmelte ich mir selbst zu, und strauchelte den langen Flur entlang. Als ich die kleine Leuchte, die ich von weitem hatte sehen können, erreichte, schaute ich mich ratlos um. Hier gab es genau fünf Abzweigungen, die tiefer in das verwirrende Labyrinth hinein führten. „Welcher Weg ist der Richtige?“ fragte ich mich selbst und seufzte konfus auf. Ich sah mir jeden Korridor genau an, doch sie schienen alle gleich auszusehen. Ich konnte auf dem ersten Blick keine Fallen ausmachen und auch sonst erkannte ich nichts, was mir irgendwie gefährlich werden könnte. Doch alle Wege, außer dem, der stur nach geradeaus führte, hatten etwas ziemlich unheimliches an sich. „Hier ist es irgendwie gruselig. Ich hab kein gutes Gefühl, allein hier umher zu irren. Aber ich muss!“ Mit einem entschiedenen Nicken, entschied ich mich dafür, den Weg geradeaus zu nehmen. Nachdem ich eine halbe Ewigkeit durch den Gang geirrt war, verwandelte sich dieser unmerklich zu einem schmalen Schacht, und ich musste nun auf allen Vieren voran kriechen. Der Tunnel, der mir unendlich lang erschien, bog immer wieder ab, ging steil nach oben und dann wieder nach unten.
Ich wusste nicht genau, wie lange ich nun schon unterwegs war, ob Stunden oder vielleicht erst einige Minuten. Doch es kam mir vor, wie eine halbe Ewigkeit. Langsam bekam ich großen Durst und auch mein Magen knurrte ärgerlich vor sich hin. Gerade als ich anhalten und mich ein wenig ausruhen wollte, sah ich am Ende des Schachts ein helles seltsames Licht.
„Endlich!“ stöhnte ich erleichtert und strich mir eine Haarsträhne aus dem verschwitzten Gesicht.

Schließlich im nächsten Raum angekommen,traute ich meinen Augen kaum. Es war einfach unbegreiflich. Eine kleine Linse, die direkt unter der Decke hing, bündelte ein Licht zu einem einzigen Strahl. Dieser Schein traf auf einen Kristall, der das bunte Licht brach und wie einen Regenbogen in alle Richtungen lenkte. Ich war so vertieft in diesen wunderschönen Anblick, dass ich zuerst gar nicht die seltsame Melodie, die durch den kleinen Raum hallte, vernahm. Es war unheimlich faszinierend, wie das Licht zu den Klängen der Violine, die Wände in ein samtenes Licht tauchte und sich langsam, ganz langsam veränderte. Erst ließ es den steinernen Flur in grün, dann in rote, blaue und silberne Farbigkeit aufscheinen. Von der Decke hingen weiße Tuchbahnen herab, die zaghaft hin und her schaukelten. Zaudernd versuchte ich dem Schall der zauberhaften Musik zu folgen. Doch egal wohin ich ging, die Töne wurden weder lauter noch leiser und so war es mir einfach unmöglich, den begabten Geiger und dessen Aufenthaltsort zu finden.

Als ich weiter den Gang entlang ging, kam ich plötzlich erneut an einer weiteren Kreuzung an. Hier konnte ich mich nun wieder für einen Weg entscheiden, an dessen Ende sich jeweils ein riesiges Tor befand. Gerade als ich mir die einzelnen Gänge etwas genauer ansehen wollte, erblickte ich links vor mir an der Wand, den undeutlichen Schatten eines riesigen Ungeheuers. Die schematischen Umrisse der Bestie verrieten mir, dass es sich um ein gigantisches katzenähnliches Wesen handelte. In Gedanken malte ich mir bereits aus, wie es über mir gebeugt stand, und mich, mit deutlich erkennbarem Wahnsinn in den Augen, ansah. Es hatte ein weit geöffnetes Maul, aus dem messerscharfe Zähne hervorlugten und seine gelb grünlichen Augen, waren zu Schlitzen verengt. Weißer Schaum tropfte aus seinen Maulwinkeln, und zog dünne Fäden an seinem spitzen Kinn hinunter. Das Monstrum grummelte leise vor sich hin. Zu meiner Verwunderung, klang dies aber gar nicht so bedrohlich, wie ich eigentlich erwartet hatte. Doch trotzdem jagte mir der Anblick des riesengroßen Schattens, eine unvorstellbare Angst ein.
Als plötzlich das Geigenspiel abrupt endete, setzte sich das Wesen – das vor wenigen Augenblicken noch still stand – wieder in Bewegung und würde jeden Moment um die Ecke geschossen kommen. Entsetzt weiteten sich meine Augen und ich schlug mir bestürzt die Hände vor den Mund, während ich einige Schritte zurück wich. Erst als das Biest sein Maul noch weiter aufriss und sich streckte, verfiel ich in einen Laufschritt, und suchte mir verzweifelt ein Versteck. Die harten Sohlen meiner Schuhe klackten regelmäßig, und ich war mir sicher, dass das Katzenmonster mich nun bemerkt hatte. Zitternd rollte ich mich in einer der vielen seidenen Tücher ein. Doch ich wusste genau, dass dies ein sehr auffälliges Versteck gewesen war. Doch es gab keine andere Möglichkeit, wo ich mich in Sicherheit hätte bringen können.

„Wer ist da? Los, zeig dich!“ konnte ich das Wesen plötzlich brüllen hören und ich zuckte misstrauisch zusammen. Diese Stimme, ich kannte sie doch – oder irrte ich mich?
Vorsichtig pellte ich mich wieder aus dem weißen seidenen Schleier, und ging langsam in die Hocke. Ich wollte unbedingt wissen, wer dieses Monster war. Zwar kam mir die Stimme des Wesens bekannt vor, aber ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals Bekanntschaft mit einem katzenähnlichen Monster gemacht zu haben. Vielleicht bildete ich mir auch bloß einfach nur ein, dass ich sie kannte.

„Komm aus deinem Versteck raus!  Ich weiß, dass hier jemand ist. Ich kann dich riechen... Dich und deine Angst.“ murmelte das Ungeheuer nun, während ich mich unsicher und furchtsam nach vorn beugte, und zum Ende des Gangs auf den riesigen Schatten starrte. Das Monster bewegte sich nur sehr schleppend voran, doch ich konnte plötzlich sehen, wie die dunkle Gestalt immer kleiner wurde. Argwöhnisch runzelte ich die Stirn, als der Umriss des Wesens so klein war, das es mir sicher nicht mal mehr bis zu den Knien reichte. Schließlich trat die winzige Kreatur, vor der ich mich vor wenigen Augenblicken noch gefürchtet hatte, um die Ecke, und ich sprang überrascht auf.
„Natürlich!“ dachte ich, und schlug mir mit der flachen Hand auf die Stirn. „Warum habe ich nicht gleich daran gedacht, als ich die Stimme hörte?!“
Erleichtert seufzend, trat ich aus meinem Versteck und ging auf das kleine pelzige Tier zu. Es hatte weißes Fell, mit langen orangenen Striemen und zwei stechend grüne Augen, die mich ebenso verwundert ansahen.

„Du hast mir vielleicht einen Schrecken eingejagt, Ion!“ rief ich laut, und warf dem kleinen Kater einen mahnenden Blick zu. „Was machst du eigentlich hier? Ich hätte nicht erwartet, dich so schnell wieder zu sehen...“ Ion blinzelte zu mir herauf, während er sich gleich vor meine Füße setzte und seine rechte Pfote etwas anhob. „Du lebst ja noch!  Hätte ich nicht gedacht.“ Verdutzt beugte ich mich zu ihm herunter und plusterte meine Backen auf. „Wa... Was soll denn das heißen?“ „Ach nichts, vergiss es. Nun ja, ich bin hier auf Mäusejagt. Hier unten findet man die haufenweise und die sind viel schmackhafter, als die Mäuse und Ratten, die es um die Villa de lune herum gibt.“ erzählte er ahnungsvoll und streckte die Nase hoch in die Luft. „Du jagst Mäuse? Igitt, ist ja eklig!  Aber wie bist du hier her gekommen? Das würde mich mal interessieren.“ „Am anderen Ende des Labyrinths, gibt es einen zweiten Eingang. Zwar ist dieser immer verschlossen, und man kommt durch den eigentlich nicht rein, aber es gibt ein kleines Loch in dem Tor, durch das ich mich quetschen kann. Du solltest besser zurück zu den anderen gehen. Hier unten ist es sehr gefährlich!  Ich wäre schon einige Male fast zerhackt oder von Monstern gefressen worden. Davon mal abgesehen, wirst du hier sicher nicht auf Dracula treffen.“

Bestätigend nickte ich ihm zu. „Ich weiß, Ion. Aber um Dracula geht es mir im Augenblick auch nicht. Ich bin hier, um meine Schwester aus ihrem Verließ zu befreien. Die vielen Fallen sind mir egal!  Ich muss die Gefahren auf mich nehmen.“ Ion sah mich begreifend an und legte seinen kleinen runden Kopf schief. „Also hält er sie hier gefangen!  - Das Labyrinth ist riesengroß und du weißt sicher nicht, wo sich die Kerkerräume befinden, habe ich recht!?“ Beschämt senkte ich den Blick auf meine schwarzen Lackschuhe und blies mir schnaubend eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ja, so ist es und ich muss alles tun, um dies so schnell wie möglich herauszufinden. Die Zeit drängt. Vlad wird mir sicherlich bald einen Besuch abstatten und von mir eine Entscheidung fordern. Bis dahin, muss ich Aurelia gefunden haben!“
Ions Gesichtsausdruck wurde nachdenklich. Nach einer langen Zeit des Schweigens, ging ich schließlich vor dem winzigen Kater in die Hocke, stütze meinen Kopf mit den Händen ab und ergriff das Wort. „Es wäre schön, wenn du mich begleiten würdest!  Bitte sag ja!“ fragte ich ihn lächelnd und versuchte den flehenden Ton, mühsam aus meiner Stimme zu vertreiben. Denn ich wollte auf keinen Fall den Anschein erwecken, dass ich Angst davor hatte, hier unten allein umherzuirren. Zwar schauderten mich die düsteren, schlecht beleuchteten Gänge und ich hatte ein ungutes Gefühl - so ganz allein – aber ich wollte nicht, dass Ion dachte, ich wäre ein Feigling und ohne die anderen, zu nichts in der Lage.
Offenbar überlegte das Tier, was es nun tun sollte. Als ihm schließlich meine starren, fragenden Blicke unangenehm wurde, seufzte er vernehmlich auf und kehrte mir den gestreiften Rücken zu. „Natürlich werde ich mit dir gehen!  Immerhin sind wir doch Freunde, nicht wahr?“ Langsam drehte er mir seinen Kopf zu und ein kaum erkennbares Grienen war auf seinem Schnäuzchen zu sehen. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen, nickte ich auf seine Frage hin, bejahend und nahm Ion in meine Arme. Griesgrämig brummelte er, als ich ihn fest an mich drückte und mich wieder erhob. „Während wir die Verliese suchen, erzählst du mir, was alles passiert ist. Und jetzt lass mich runter, ich mag das nicht!“


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