Carries komische Werkstatt
  Das Mädchen bei den Ruinen
 


Kapitel 5 - Das Mädchen bei den Ruinen

Ich kann einfach nicht... Jedes mal wenn ich die Augen schließe, sehe ich diese schrecklichen Bilder vor mir..." sagte ich darauf und senkte den Kopf. „Aber du musst doch etwas Schlafen. Wir werden schon morgen Früh aufbrechen.“ „Ja du hast recht... Ich werde gleich wieder zu Bett gehen, aber was ist mit dir, Cosmin? Du brauchst doch auch etwas Schlaf..“ „Nein. Ich schlafe nie. Vampire ruhen nur, wenn sie verletzt sind.“ „Aha, ich verstehe. Ich werde dann jetzt mal wieder gehen, bevor ich bis auf die Haut nass geworden bin. Auch wenn du nicht schläfst, ich wünsche dir eine angenehme Nacht.“ hauchte ich ihm leise zu und meine Stimme ging im lauten Pfeifen des Windes fast unter. „Wünsche ich dir auch, Stela. Ich werde dich dann morgen Früh wecken kommen. Gute Nacht.“ Ich nickte einverstanden und eilte zurück in mein Schlafgemach. Ich setzte mich auf die Bettkante und und zog die Schuhe aus, anschließend ging ich müde und erschöpft zu Bett. Doch es dauerte einige Zeit, bis ich langsam und ruhig einschlief.

Als es am morgen an meiner Zimmertüre klopfte, wurde es bereits hell. Der Sturm, der die vergangene Nacht gewütet hatte, hatte noch immer nicht nachgelassen. „Stela, bist du wach? Wir müssen gleich los.“ rief eine laute Stimme kurze Zeit nach dem Klopfen. „Ähm... Ja, ja!   Ich komme gleich.“ antwortete ich noch im Halbschlaf und gähnte. Wie in Trance schleuderte ich das dünne Deckbett weg, schlüpfte rasch in die schwarzen Lackschuhe und taumelte hinaus auf den Flur. Als ich mich verschlafen umsah, erblickte ich Cosmin und Câtâlin bereits munter am Ende des Gangs stehen. „Guten Morgen, hast du gut geschlafen?“ fragte der ältere der beiden Männer ruhig und lächelte. Ich nickte kurz einmal und fuhr mir mit den Fingern durch das struppige Haar, damit es sich etwas glättete. „Wann wollt ihr euch denn auf den Weg machen?“ fragte Câtâlin, als er sich wieder dem silberhaarigen Vampir zugewandt hatte. „Jetzt gleich. Ich muss nur noch meine Waffe holen gehen...“ antwortete Cosmin und verschwand schnell in seiner Stube. „Ich habe noch etwas für dich, Stela.“ sprach der rothaarige Vampirjäger plötzlich und hielt mir einen kleinen braunen Beutel aus Leinen vor die Nase. „Es sind nur ein paar belegte Stullen. Ich dachte mir, du könntest während der anstrengenden Wanderung Hunger bekommen. Ihr werdet sicherlich auch ein paar Pausen machen...“ murmelte er, als er meinen fragenden Blick bemerkte. „Das ist sehr nett von dir, Câtâlin.“ bedankte ich mich und hängte mir das Beutelchen um. Einige Zeit danach, kam endlich Cosmin mit seinem seltsamen Schwert auf dem Rücken zurück und wir machten uns auf den Weg zur Eingangshalle. „Ihr geht schon?“ fragte plötzlich Ion, der leise neben uns getreten war. „Ja. Immerhin wollen wir so schnell wie es geht zum Schloss.“ antwortete Cosmin und öffnete die Tür, die nach draußen führte. Ein kräftiger Windzug brauste uns entgegen und ließ mich ein wenig frösteln. „Ihr hättet mich wenigstens wecken können, um euch von mir zu verabschieden. Aber das haltet ihr wohl nicht für nötig... Euch von jemandem zu verabschieden. Vielleicht sehen wir uns nicht mehr wieder!  Tze tze.. Wollten einfach abhauen, die Zwei!“ meckerte der Kater und hob gekränkt den Kopf. “So ein Unsinn!  Natürlich werden wir uns wiedersehen.“ sagte ich lächelnd und kniete mich auf den Boden nieder. „Câtâlin, Ion.. Ich hoffe, dass ihr gut auf die Villa aufpasst. Und wehe hier herrscht ein Chaos, wenn ich wieder zurück komme!  Machts gut.“ sprach Cosmin leise und ging hinaus. „Auf Wiedersehen.“ sagte ich, nachdem ich mich wieder erhoben hatte und Cosmin nach draußen gefolgt war. „Viel Glück!  Und das ihr uns ja heile zurück kommt!“ riefen uns Ion und Câtâlin im Chor hinterher.

Einige Zeit irrten wir durch den Wald und ich verlor Draculas Schloss immer und immer mehr aus den Augen. Durch das dichte Laubdach spürte ich den Regen kaum, außer wenn der starke Wind die Äste schüttelte. Wir liefen über Hängebrücken, über tosende Bäche mit kristallklarem Wasser. Sahen gigantische Wasserfälle und heiße Quellen. Alles in Farben, Formen und Größen die ich nur aus Büchern kannte. Ich war sehr fasziniert, von dieser Welt. Als wir nach langer Wanderung den Wald verließen und ich das Schloss nur noch sehr klein am Horizont sehen konnte, fragte ich: „Wo sind wir, Cosmin? Ich dachte wir wollten zu Dracula!  Aber wir entfernen uns ja immer mehr von ihm...“ „Ja, wir werden einen kleinen Umweg durch die Ruinen nehmen. Es wäre Wahnsinn gewesen, wenn wir einfach schnurstracks in sein Schloss marschiert wären. Wir hätten sofort eine ganze Meute Vampire und andere Monster am Hals gehabt.“ antwortete der Silberhaarige und sah flüchtig zu mir herüber. Plötzlich schossen mir angsteinflößende Gedanken durch den Kopf. Konnte ich Cosmin wirklich vertrauen? Was war, wenn er mich nur in eine Falle locken wollte und mir etwas vorspielte, genau wie Alin!? „Du dumme Nuss!  Warum musst du auch immer gleich jedem Vertrauen schenken? Radu hatte mich doch gewarnt... Aber was habe ich schon für eine andere Wahl? Alleine wäre ich nie soweit gekommen...“ murmelte ich leise und schlug mir leicht mit der Handfläche gegen die Stirn. „Hmm.. Hast du etwas gesagt, Stela!?“ „Was!? Ich.. Ähm.. Nein!“
Für einige Zeit ging ich mehrere Meter hinter Cosmin und betrachtete gedankenverloren, wie sein silbernes Haar leicht hinter ihm herwehte und etwas über seine breiten, in schwarzen Stoff gehüllten Schultern wallte. Nach einigen Augenblicken zog jedoch etwas anderes meine Aufmerksamkeit auf sich. Vor mir ragten die alten, halb verfallenen Mauern einer Ruine gespenstisch gen Himmel. Abrupt blieb der Vampirkrieger stehen und sah sich um. „Da wären wir. Der Geheimgang ist irgendwo im inneren des alten Gemäuers.“ sprach er leise.
Während ich an den Mauern hinauf sah, fragte ich vorsichtig: „Was ist das für eine Ruine?“ Cosmin zögerte einige Momente, bis er mir antwortete: „Das sind die Reste von der Villa de l'ombre. Hier lebte ich, bevor Dracula sie zerstören ließ!“ „Er ließ sie zerstören!?“ „Ja... Die Vampire die dort lebten, stellten sich gegen ihn. Sie wollten ihm einfach nicht Dienen... Wir waren ihm ein Dorn im Auge. Glücklicherweise kam niemand ums Leben, aber viele wurden schwer verletzt und flohen.“ „Hat er euch nicht jagen lassen?“ „Nein... Er dachte, dass er uns damit genug eingeschüchtert hatte. Bei den meisten hatte er es auch geschafft, sie dachten nicht mal mehr daran, sich gegen ihn zu stellen. Manche hatten danach sogar so große Furcht, dass sie ihm tatsächlich Dienten... Andere wiederum versteckten sich in den Bergen oder an anderen Orten, wo sie noch bis heute Pläne schmieden und auf den Tag warten, an dem sie Dracula vernichten können. Eine Handvoll anderer Vampire und ich, zogen in eine leer stehende Villa. Die Villa de lune. Wir verhielten uns so unauffällig wie es ging, doch ich habe ebenfalls lange auf den Tag gewartet, an dem ich diesem Mistkerl gegenüber treten kann.“ Aus dem Augenwinkel heraus, blickte ich zu Cosmin. Sein Gesichtsausdruck konnte ich kaum deuten, doch in seinen Augen funkelte Zorn, Hass aber auch Angst. Nun waren meine Bedenken von vorhin wie weggeblasen. Ich glaubte ihm. Nachdem wir dort ein paar Minuten ausgeharrt und Cosmin all seine Erinnerungen bei Seite geschoben hatte, wollten wir weitergehen, doch plötzlich konnten wir eine aufgeregte Mädchenstimme hören, die nach uns rief.
„Halt, bitte wartet!“ gellte uns diese Stimme hinterher. Als ich mich umgedreht und umgeblickt hatte, sah ich von weitem, dass eine junge Frau auf uns zu gelaufen kam. Sie hatte langes grauweißes Haar, das sie zu zwei Zöpfen zusammen gebunden hatte und sie trug ein hübsches schwarzes Kleid. „Wer ist denn das?“ fragte Cosmin kaum hörbar, als er sich ebenfalls umgedreht hatte und das Mädchen sah. Ich zuckte kurz mit den Schultern und antwortete: "Frage ich mich auch... Aber sie scheint friedlich zu sein." Als die Unbekannte völlig außer Atem bei uns angekommen war, starrte sie abwechselnd von mir zu Cosmin und wieder zurück. Nachdem sie für einige Zeit vor uns verschnauft hatte, fragte sie keuchend: „Hallo, habt ihr vielleicht zufällig einen Mann gesehen, der nett ist, gut aussieht und einfach nur toll ist? Also jemanden, der genau das Gegenteil von ihm ist...“ Cosmin riss ungläubig seine Augen weit auf und rief: „Was!? Ich hör wohl nicht richtig!“ Sein Kopf lief vor Wut rot an und ich legte meine Hände auf seine Schulter und versuchte ihn zu beruhigen. Die Fremde begann zu kichern. „Das war doch bloß ein Scherz!  Ich wollte eigentlich nur fragen, ob ihr einen blonden Mann, der in der Begleitung einer alten Frau war, gesehen habt. Denn ich suche meinen Verlobten. Eine Hexe namens Rikane hat ihn willenlos gemacht und bringt ihn jetzt zum Schloss. Er soll Draculas Armee beitreten. Ich bin ihnen die ganze Zeit über gefolgt, bis ich sie plötzlich aus den Augen verloren hatte.“ „Seit wann lässt Dracula denn Menschen verfolgen!? Denn du siehst nicht aus, als wärst du ein Vampir!“ fragte der Silberhaarige wütend und verschränkte die Arme. „Nun, mein Verlobter ist kein Mensch. Er ist ein Vampir... Und ich bin eine Weißmagierin und lebe in der Welt der Menschen. Ich komme aber oft hierher, um meinen Verlobten zu besuchen. Mein Name ist übrigens Nyria. Und wer seid ihr?“ erzählte sie, während sie sich an ihren Zöpfen herumspielte und zu Boden starrte. „Das geht dich überhaupt nichts an!“ rief Cosmin und sein Gesichtsausdruck war noch immer wütend. „Komm Stela, wir gehen. Wir haben nun wirklich keine Zeit dazu, uns von unverschämten Gören nerven zu lassen.“ sprach er gleich darauf und zog mich hinter sich her, in die Richtung des alten Gemäuers.

Als ich mir über die Schulter blickte, sah ich, dass uns das seltsame Mädchen enttäuscht hinterher schaute. „Warum nehmen wir sie nicht mit, Cosmin? Sie möchte doch auch zum Schloss, und ich denke, dass sie uns eine große Hilfe sein könnte oder nicht!?“ fragte ich vorsichtig, nachdem ich mich aus seinem Griff befreit hatte und vor ihn getreten war. „Warum!? Schau sie dir doch mal an!   Es scheint fast so, als sei sie noch ein Kind, dabei ist sie schon eine erwachsene Frau. Sie wäre uns nur ein Klotz am Bein. Außerdem könnte sie uns mit ihrer weißen Magie auch nicht wirklich weiter helfen. Sie beherrscht sicher nur irgendwelche Heilsprüche...“ entgegnete der Silberhaarige und starrte zum Himmel. Mittlerweile war das Gewitter vorüber gezogen, doch trotzdem war die Sonne nicht zu sehen. Nachdem ich für kurze Zeit nachgedacht hatte, begann ich weiter auf Cosmin einzureden. „Aber mit ihren Heilkünsten könnte sie uns helfen. Wenn wir uns verletzten sollten, könnte sie uns wieder Heilen... Das wäre doch prima!“ „Ich weiß nicht, Stela. Wir kennen diese Frau überhaupt nicht und sympathisch ist sie mir auch kein bisschen. Ich möchte sie jedenfalls ungern dabei haben...“ „Ach, sei doch nicht so!  Sie scheint vielleicht etwas, naja, seltsam zu sein, aber sie ist sicherlich nicht bösartig. Das spüre ich.“


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