Carries komische Werkstatt
  Eine unheimliche Entdeckung
 

Kapitel 03 - Eine unheimliche Entdeckung

Als am folgenden Tag die Morgenröte anbrach, wurde ich durch den Gesang der Vögel, die auf den spärlich belaubten Bäumen im Wald die Nacht zugebracht hatten, sehr angenehm geweckt. Ich öffnete blinzelnd meine Augen und starrte an die Decke des Zeltes, während ich meinen Kopf ein wenig zur Seite neigte. Die Morgensonne warf ihre goldenen Strahlen auf die grüne Plane des Zeltes, und durch das helle Licht schien es fast so, als ob sie leuchten würde. Im ersten Augenblick schmerzte die Helligkeit in meinen noch müden Augen, doch dies verflog sehr schnell. Der starke Wind, der die Nacht gewütet hatte, hatte sich gelegt. Nur ab und zu schüttelte eine leichte Brise das Zelt hin und her.
Verschlafen richtete ich mich auf und stützte mich auf den Armen ab, dann warf ich einen Blick zu Camilla herüber. Mein Herz begann wild zu klopfen, als ich sie ansah. Sie lag mit weit aufgerissenen Augen dort und durch den Schlafsack schien es fast so, als ob sie aufgehört hätte zu atmen. Sie bewegte sich nicht mehr, blickte nicht zu mir herüber, blinzelte nicht mit den Augenlidern. Meine Freundin ungläubig fixierend, pellte ich mich hastig aus dem Schlafsack und kniete mich zitternd vor sie. Gerade als ich meine Arme nach ihr ausstrecken wollte, neigte sich ihr Kopf plötzlich zur Seite und ich konnte mir einen erschrockenen Schrei nicht verkneifen, als ich in ihre aufgerissenen Augen sah, in denen ich mich ein wenig spiegelte.

„Oh nein, Cami!“ schrie ich und schüttelte verzweifelt Camillas leblosen und kalten Körper, der schlaff vor mir auf dem Boden lag.

„Das kann doch alles nicht wahr sein.“ flüsterte ich leise und bemerkte, wie mir ein dichter Tränenschleier die Sicht nahm. Ich saß nur da uns starrte sie geschockt an, bis ich mich hoch kämpfte und taumelnd zum Ausgang ging. „Ich muss hier raus!“ nuschelte ich erstickend, da ich das Gefühl hatte, dass mir die Kehle zugeschnürt wurde. Durch das ruckartige Aufstehen wurde mir zusätzlich noch schwarz vor Augen, und so ließ ich mich auf die Knie fallen und krabbelte durch das Zelt. Ich riss den Reißverschluss hoch und blinzelte in die Helligkeit. Meine Pupillen schrumpften auf die Größe eines Stecknadelkopfes. Als ich draußen angekommen war, sah ich mich verzweifelt in die Richtung des Waldes um. „Was soll ich denn jetzt machen!?“ fragte ich mich selbst und brach in Tränen aus, bis plötzlich ein leises Geräusch aus dem Zelt zu hören war. Unsicher schob ich die Plane zur Seite und sah, dass Camilla mit einem breiten Grinsen da saß. Doch als sie in mein bleiches und vom Weinen verzogenes Gesicht sah, konnte sie sich ein lautes Lachen nicht verkneifen. „Fleur, dich kann man so leicht veräppeln!  Als würde ich so ganz plötzlich tot sein!“ rief die Blonde amüsiert. Doch als sie sah, dass sich meine Verzweiflung und Angst in Wut umwandelte, verschwand ihr Grinsen und man konnte deutlich sehen, dass ihr schlechtes Gewissen zum Vorschein kam. Das war mir allerdings egal!  Ich hob die Hand etwas an und verpasste ihr eine schellende Ohrfeige. „Tu das nie wieder, hörst du!  Natürlich hättest du so plötzlich tot sein können, du dumme Nuss!  Mein Onkel ist damals auch plötzlich beim Frühstück gestorben, also war meine Angst berechtigt!“ Camilla starrte auf ihren Schlafsack, in dem sie noch immer bis zur Brust eingemummelt war und sprach leise: „Tut mir Leid, Fleur, ich werde es sicher nie wieder tun. Aber du hättest dich mal sehen müssen!“ Wieder erschien ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen, das aber ebenfalls wieder schnell verschwand. Meine Augen verengten sich zu Schlitzen und ich funkelte meine Freundin wütend an. „Halt bloß den Mund, sonst Gnade dir Gott!“

Camilla schluckte kurz und presste trotzig die Lippen zusammen, dann nickte sie einige Male hinter einander, während ihre Augen auf meinem Gesicht ruhten. „Ja ja, ich halt ja schon meine Klappe!“ murmelte sie, funkelte mich belustigt an und ließ anschließend ihren Blick zu meinen nackten Füßen wandern, mit denen ich im feuchten Gras stand. Ich sah ebenfalls an mir hinunter, und erst jetzt spürte ich, wie die beißende Kälte meine Füße hinauf kroch und das Blut in mir eiskalt wurde. Mit einem leichten Lächeln machte ich einen Satz noch vorn und ließ mich zurück auf den nur noch lauwarmen Schlafsack sinken, der wie eine kleine Kugel geformt auf dem Boden lag. „Lass deine Füße draußen!  Das Zelt und die Schlafsäcke sind neu und du musst sie nicht gleich versauen, außerdem möchten wir sie doch nochmal benutzen!“ rief Cami und machte eine flüchtige Geste mit dem Kopf. Ich hob meine Beine ein wenig an und ließ sie nach draußen baumeln, wo sie wieder im eisigen Gras lagen, das mir eine kribbelnde Gänsehaut auf den Körper trieb.
„Handtücher sind im Auto... Ich geh dir schnell eins holen.“ murmelte die Blonde und schlüpfte in ihre Schuhe. Dann hüpfte sie hinaus und lief zum Wagen, der unten am Waldrand unter einem riesigen Baum stand. Ich beugte mich ein wenig nach vorn, so, dass ich Camilla kurz hinterher schauen konnte. Dann ließ ich meinen Blick über die Landschaft schweifen.
Der Schnee, der gestern noch hauchdünn die Erde bedeckt hatte, war geschmolzen und nur vereinzelt konnte man noch ein paar mit Schnee überzogene Stellen sehen. Am Horizont ging langsam die Sonne auf, die den Himmel in ein wunderschönes Farbenspiel verwandelte und meine Augen blendete. Doch von weitem zogen dicke graue Wolken heran, und bald würde es sicher wieder zu schneien beginnen. Ein paar Vögel zogen über mir ihre Runden und kreischten zu mir herunter. Ein Lächeln huschte auf mein Gesicht, als ich zu ihnen hinauf sah, doch dieses verschwand wieder, als ich meine Augen zu dem nahegelegenen Dorf wandern ließ. Die Häuser wurden in das goldene Licht der Sonne getaucht und irgendwie sah die Ortschaft am Morgen sehr friedlich und schön aus, aber sobald der Himmel sich wieder verdunkelte, ließ es einem, einen Schauer über den Rücken laufen. „Hier, dein Handtuch, Fleur...“ sagte Cami leise und ich hob meinen Blick zu ihrem Gesicht hoch. Ich streckte meine Arme ein wenig in die Luft und bemerkte sofort den eiskalten Wind. Die Haare der Blonden wehten wild umher, und im Licht des Zentralgestirn, sah sie fast aus wie ein Engel, da ihr Haar und auch der Rest ihres Körpers, golden glänzte. „Sie sieht zwar aus wie ein Engel auf Erden, aber sie ist ganz sicher keiner...!“ dachte ich mir grinsend und nahm dankend das flauschige und bunte Tuch an.

Langsam zog ich meine Beine an und wickelte das Handtuch um meine Füße. Dann sah ich erneut zu Camilla hinauf, die gerade dabei war, wieder ihre Schuhe auszuziehen und sich zurück auf ihren Platz fallen zu lassen. Um den Zeigefinger meiner linken Hand, ringelte ich eine Strähne meines leicht gelockten Haares, mit der anderen griff ich in die Essenstüte und wühlte die Packung mit den abgepackten Frühstückshörnchen hervor.
„Möchtest du auch eins?“ fragte ich Cami nuschelnd, während ich das durchsichtige Papier aufriss und mir eines der gold gelben Hörnchen in den Mund stopfte. Sie nickte leicht, beugte sich nach vorn und nahm sich das größte von allen aus der Packung. „Und ich hätte gerne einen Schluck Tee!“ sprach sie mit vollem Mund und zeigte mit dem Finger auf die silbern glänzende Thermokanne, die am Ende des Zeltes in einer Ecke lag. Seufzend griff ich nach ihr und hielt sie dann Cami vor die Nase.
„Wann fahren wir eigentlich los?“ wollte ich von ihr wissen und warf einen flüchtigen Blick auf meine Armbanduhr, die ich um mein Handgelenk gebunden hatte. Es waren bereits kurz vor acht Uhr und ich hatte eigentlich gehofft, dass wir bis zum Mittagessen im Hotel sein würden, doch bis wir alles zusammengepackt hätten und dort ankommen würden, wären es schon sicherlich an die drei Uhr Mittags. Die Blonde zuckte mental mit den Schultern und sah mich fragend an. „Ich weiß nicht, wie viel Uhr haben wir denn?“ „Kurz vor acht...“ Meine Freundin verzog schmollend den Mund und leerte den Becher, den sie vor wenigen Momenten mit dem Tee gefüllt hatte, in einem Zug und füllte ihn danach wieder bis zur Hälfte. „Ich würde sagen, wir essen erstmal fertig, dann bauen wir in aller Ruhe das Zelt ab und dann können wir los.“ Ich nickte einverstanden mit dem Kopf und nahm den Becher mit dem Tee an, den Cami vorsichtig zu mir rüber schob. „Gut, ich kann es kaum erwarten, bis wir endlich im Hotel angekommen sind. Das erste was ich mache, ist meine Mutter anrufen!  Sie ist sicher schon krank vor Sorge, weil ich es gestern nicht getan habe... Naja, A votre santé.“ Mit diesen Worten trank ich den Tee aus, der ein wenig bitter schmeckte und drückte den Becher Camilla wieder in die Hände.

„He, beeil dich doch mal ein bisschen, mir ist kalt und wir haben schon genug rumgetrödelt!  Ich möchte heute noch in Candar ankommen, außerdem sieht es so aus, als würde es gleich zu schneien beginnen.“ rief ich der Blonden zu, als ich die letzte Tasche im Auto verstaute. „Ja ja, ich mach ja schon!  Aber die Stäbe stecken zu fest ineinander...“ entgegnete Cami genervt und zog mit zusammengekniffenen Augen an den Enden der dünnen Metallstangen. „Warte, ich helfe dir.“
Der Wind wurde langsam stärker, und die eisige Kälte wurde merklich intensiver, es war fast schon unerträglich kühl geworden. Fröstelnd stöhnte ich in der zu dünnen Kleidung, die im Luftzug umher wehte, und klapperte gequält mit den Zähnen. Als wir es endlich geschafft hatten, die fest ineinander steckenden Stäbe zu lösen, packten wir alles hastig zurück in den moosgrünen Beutel und eilten zum Wagen hinunter. Plötzlich begann es tatsächlich zu schneien, wenn auch nur sehr schwach. Zwischen den Bäumen war die Brise kaum zu spüren, trotzdem peitschte er die nassen und eiskalten Schneeflocken unangenehm in unsere Augen, die wir deswegen zu engen Schlitzen verzogen.
„Schnell Fleur, öffne den Kofferraum!“ rief die Blauäugige und deutete ungeduldig mit einer knappen Kopfbewegung, auf das Hinterteil des Wagens. Mit einem kurzen Nicken und ohne zu zögern, öffnete ich die Klappe und sah dabei zu, wie Camilla den Beutel zwischen das andere Gepäck stopfte. Über unsere Gesichter floss kaltes Schneewasser, und unsere Kleidung wurde schon nach dieser kurzen Zeit feucht. Sobald wir alles verstaut hatten, sprangen wir rasch ins Auto, wo es auch nicht viel wärmer war als draußen.
„Mach schnell die Heizung an, Cami!“ murmelte ich, faltete die Hände und rieb sie ganz schnell aneinander, sodass Wärme entstand, die schnell in wahnsinnige Hitze umschlug. „Ich bin dabei...“ erwiderte die Blonde und drehte den Heizungsknopf auf die stärkste Stufe, dann startete sie den Wagen, und fuhr, nachdem sie gewendet hatte, zurück in Richtung Dorf.
„So, jetzt dauert es erstmal ein wenig, bis es warm wird. Aber wir werden es bis dahin schon überleben.“ wisperte die Blauäugige eher sich selbst zu.



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