Carries komische Werkstatt
  Eine schlaflose Nacht
 


Kapitel 2 - Eine schlaflose Nacht

Nachdem wir eingestiegen waren, startete Camilla sofort das Auto und fuhr zurück auf die unebene Schotterstraße. Wir folgten dieser immer weiter, solange, bis wir etwas außerhalb des Dorfes waren und am Waldrand eine kleine gerade Grünfläche fanden, die kaum mit Schnee bedeckt war.
„Sollen wir da unser Zelt aufschlagen?“ fragte ich und deutete mit dem Zeigefinger auf das kleine Stück Land, dass etwas entfernt von der Straße und im Schutz der dichten Baumkronen lag. Meine Freundin nickte und sah sich nach einem Platz um, an dem sie den Wagen abstellen konnte. Schließlich fuhr sie bis zum Waldrand und parkte es unter einem riesigen Baum. Als wir ausgestiegen waren, machte sich die Blonde gleich daran, den Kofferraum zu öffnen und in dem Gewirr von Taschen und Rucksäcken herum zu wühlen, bis sie letztlich den kleinen moosgrünen Beutel gefunden hatte, in dem das Zelt mit seinen Stangen gepackt war. Sie drückte mir die Autoschlüssel in die Hand uns sagte: „Fleur, hol du bitte meine Handtasche vom Rücksitz und bring die Tüte mit dem Reiseproviant mit.“
Als sie zu ende gesprochen hatte, nahm sie noch eine kleine Tasche in die Hand und machte sich auf den Weg zu der kleinen Wiese, auf der wir unser Zelt aufbauen wollten. Gerade als ich den Kofferraum wieder schließen wollte, konnte ich ein lautes Äste knacken hören. Erschrocken wirbelte ich herum und suchte mit meinen Augen die Gegend ab, bis ich plötzlich hinter einem Baum eine schwarze Gestalt sehen konnte. Sie hatte langes Haar und trug einen langen schwarzen Mantel, dessen Kragen hochgeschlagen war und das Gesicht der Person etwas verhüllte. Ich rieb mir hastig die Augen und als ich einige Momente später wieder in die Richtung starrte, war die vermummte Gestalt verschwunden.

„Vergiss nicht das Auto abzuschließen!“ konnte ich plötzlich Camilla rufen hören, deren Stimme mich aus meinen Gedanken riss und mich zusammenzucken ließ. Für einen kurzen Augenblick sah ich ihr hinterher, bis meine Augen wieder zu der Stelle wanderten, an der vorhin noch diese seltsame Person gestanden hatte. Mit einem unsicheren Schulterzucken knallte ich die Kofferraumtür zu und nahm wie mir befohlen, unsere Handtaschen und auch die Tüte mit dem Essen, die ich mir unter den Arm klemmte, aus dem Wagen. Anschließend schloss ich das Auto ab und folgte Camilla zu der Grünfläche. Immer wieder spähte ich mir über die Schulter, um zu sehen, ob der Mann wieder aufgetaucht war, doch die schwarze Gestalt erschien nicht mehr. „Ich habe mir das nur eingebildet. Das liegt an dieser Gegend hier,... Sie macht einen paranoid.“ murmelte ich leise.

Als ich an der Stelle angekommen war, an der wir beschlossen hatten, unsere Nacht zu verbringen, stellte ich die Taschen in Gras und beobachtete Camilla dabei, wie sie die Plane des Zeltes aus dem Beutel zerrte.
„Steh doch nicht so doof da rum, Fleur!  Schau lieber mal, ob hier auf dem Boden irgendwelche Steine, Wurzeln oder Äste liegen. Ich habe keine Lust, die Nacht von irgendwelchen Sachen in den Rücken gestochen zu werden.“ meinte die Blonde und deutete mit einer kurzen Kopfbewegung auf den Boden. Mit einem leisen Seufzen, machte ich mich daran, ein paar Steine und Äste zu beseitigen und Camilla dabei zu helfen, das Zelt aufzubauen.
„Zum Glück geht das aufbauen schnell!  Hätte ich mein altes Zelt mitgenommen, dann bräuchten wir bestimmt an die zwei Stunden, bis wir es fertig aufgebaut hätten, aber dieses hier ist viel praktischer!  Man braucht einfach nur die Stäbe durch die Laschen schieben...“ erzählte Camilla und lächelte.

Nachdem alles fertig aufgebaut war, legten wir unser Gepäck in das Zelt und breiteten unsere Schlafsäcke auf dem harten Boden aus. Camilla kroch gleich hinein und setzte sich auf ihren Schlafsack, während sie eine Thermokanne mit schwarzem Tee aus der Tüte mit dem Essen zog. Derweil blickte ich zurück zum Dorf, das man von hier aus sehr gut sehen konnte. Es war so unheimlich, wie in einem Horrorfilm...

Als ich mich zu meiner Freundin setzte, hasste ich mich selbst dafür, mitgekommen zu sein. Wie schön wäre es jetzt zu Hause bei einer heißen Schokolade, einem guten Buch und leiser Musik. Stattdessen: kalter Wind, unheimliche Geräusche und harte Unterlagen. Dazu kommt noch dieses seltsame und verlassene Dorf.

Nachdem wir ein wenig von dem Tee getrunken und etwas geplaudert hatten, rollten wir uns in unsere warmen Schlafsäcke. Die Sonne ging unter, die feuchte Nacht stieg über uns herauf und kein Stern schimmerte am Himmel. Die Stimmen der Nachtvögel kreischten von hohen Bäumen, ein lauter Donner rollte in den Bergen und wilde Blitze durchzuckten das schwarze Gewölk.
Camilla war rasch eingeschlafen. „Sie schien wirklich sehr müde gewesen zu sein.“ dachte ich mir still in Gedanken und beobachtete sie eine Weile. Sie schnarchte irgendetwas vor sich hin und knirschte mit den Zähnen. Sie träumte wohl. Mit einem leichten Lächeln auf dem Gesicht, drehte ich mich auf den Rücken, legte meine Hände auf meinen Bauch und schloss die Augen. Doch es wollte mir einfach nicht gelingen einzuschlafen, da man von allein Seiten seltsame Geräusche hören konnte. Raschelnde Büsche, knackende Äste und wenn ich genau hinhörte, kam es mir so vor, als ob leise Schritte um das Zelt herum schlichen.

Zögernd setzte ich mich auf und atmete tief durch. Ich versuchte etwas durch die Plane des Zeltes zuerkennen, doch da es so dunkel und der Mond von einer dichten Wolkenbank bedeckt war, war es unmöglich für mich, etwas zu sehen.
Kurz blickte ich aus dem Augenwinkel heraus zu Camilla, die sich leise grunzend auf eine andere Seite legte. Am liebsten hätte ich sie aufgeweckt und gesagt, dass draußen jemand herum schleicht, doch sie hätte mich wieder Angsthase oder Feigling genannt, sich umgedreht und weitergeschlafen.

„Die schwarze Gestalt, die ich eben gesehen hatte... Vielleicht war sie doch keine Einbildung!“ schoss es mir durch den Kopf und mein Herz begann so heftig zu schlagen, dass ich dachte, es würde jeden Moment den Geist aufgeben. Ich legte eine Hand auf die schmerzende Brust, und obwohl ich mir große Mühe gab, nicht vor Schmerzen zu jammern, entfloh mir trotzdem ein kleiner laut.

„Was hast du? Warum schläfst du denn nicht, Fleur!?“ riss mich plötzlich Camillas Stimme aus meinen Gedanken. Ich zucke kurz zusammen und seufzte erleichtert auf. Sie muss wohl mein schmerzhaftes Stöhnen gehört haben. „Mein Gott, hast du mich vielleicht erschreckt, Cami!“ Die Blonde kicherte kurz und sagte dann: „Du bist viel zu schreckhaft!  Wieso bist du noch wach? Du solltest besser schlafen, sonst kommst du morgen Früh nicht aus den Federn, mein Morgenmuffel.“ „Ich habe versucht zu schlafen, aber ich habe Schritte gehört... Ich glaube, jemand steht draußen und belauscht uns. Außerdem, wer von uns beiden ist hier der Morgenmuffel? Ich wohl nicht...“ antwortete ich meiner Freundin, die sich nun etwas aufgerichtet hatte und sich auf ihren Armen abstütze. Camilla sah mich ernst an, dann gähnte sie laut und ließ sich zurück auf den harten Boden sinken.

„Fleur, du weißt ich mag dich, aber hör doch bitte auf dir immer sowas einzubilden!  Als wir noch etwas jünger waren, hast du den anderen Kindern auch immer Angst eingejagt, weil du sagtest, jemand würde dich verfolgen. Aber es hat nie gestimmt. Die anderen dachten, du wärst verrückt oder du würdest das alles sagen, um Aufmerksamkeit zubekommen.“ Ich wollte etwas darauf erwidern, doch meine Kehle war wie zu geschnürt. Kein einziges Wort brachte ich hervor und so ließ ich mich ebenfalls wieder zurücksinken. „Ja, vielleicht hatten sie Recht. Vielleicht war ich ja wirklich verrückt und litt unter Verfolgungswahn, oder ähnlichem.“ ging es mir durch den Kopf und mit einem leisen Seufzen, legte ich meine Hände unter den Kopf und starrte an die Zeltdecke. „Ich wollte dir nicht wehtun, Fleur. Aber es ist manchmal wirklich nicht leicht mit dir!  Andauernd schaust du dir über die Schulter und da bildet man sich selbst auch schon ein, dass man beobachtet oder verfolgt wird, obwohl man das gar nicht wird. Naja, egal!  Lass uns schlafen, morgen müssen wir früh raus. Und denk dran, ich bin bei dir und werde auf dich aufpassen.“ murmelte Camilla und drehte sich mit diesen Worten auf die Seite und schloss die Augen. „Danke, Cami. Aber können wir beide nicht trotzdem mal nachsehen, ob da jemand ist!? Das würde mich vielleicht etwas beruhigen...“ fragte ich die Blonde flüsternd und sah aus dem Augenwinkel heraus, zu ihr. Ihr Atem ging gleichmäßig und ihr Mund war etwas geöffnet. Ein paar Strähnen ihres Haares, fielen ihr ins Gesicht und kitzelten ihre Nase, mit der sie etwas zuckte. „Das kann doch nicht wahr sein!  Wie kann ein Mensch denn nur so schnell einschlafen!?“ fragte ich mich selbst stumm in Gedanken und drehte mich ebenfalls auf die Seite.
Ich entschloss mich dazu, das Knistern und ständige Äste knacken zu ignorieren, um wenigstens etwas Schlaf zu bekommen. „Sicher ist da draußen nur ein Tier, dass diese Geräusche verursacht.“ redete ich mir ein, presste die Augen fest zusammen und vergrub mein Gesicht zwischen den Armen.
Trotz der großen Mühe, die ich mir gab, gelang es mir nur minutenweise einzunicken. Kaum hatte ich es geschafft, die leisen Geräusche zu ignorieren, da begann der Wind laut durch die Bäume zu pfeifen und das Zelt wild hin und her zu schütteln. Draußen war es sehr kühl geworden und obwohl ich mich bis zum Kinn in den dicken Schlafsack gehüllt hatte, zitterte ich am ganzen Leib und spürte, wie der eisige Wind durch jede Ritze und durch jedes kleinste Loch zog und mich umhüllte.
Wieder beschloss ich, die Geräusche und die Kälte um mich herum zu ignorieren, und zu schlafen. Doch das war einfacher gesagt, als getan. Stets in die Stille lauschend, ob von draußen nicht irgendwer oder irgendwas eindringt, lag ich mit weit aufgerissenen Augen da.

„So kann ich einfach nicht schlafen!“ flüsterte ich mir leise selbst zu und pellte mich aus dem wärme spendenden Schlafsack. Vorsichtig und leise, damit ich Camilla nicht weckte, krabbelte ich ins Vorzelt und sah mich genaustens um.
Es war eine Sternklare Nacht geworden und der Mond hing als schmale Sichel über der Schnee und Tau bedeckten Graslandschaft. Gespenstisch wirkende Nebelschwaden, verwandelten die triste Umgebung mit ihren Büschen, Gräsern und Bäumen, in eine nahezu unbeschreiblich schöne Landschaft. Von einem Tier oder einer Person, war allerdings nichts zu sehen und so kuschelte ich mich wieder erleichtert in den Schlafsack, auch wenn die seltsamen Geräusche, die mich beinahe in den Wahnsinn trieben, blieben. Mit der Hoffnung, dass die Nacht schnell vorüber gehen würde, damit wir bald aufbrechen konnten, schloss ich die Augen und schlief ein.


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